Cookie- und Trackingweichen im Affiliate Marketing

Eine Trackingweiche gewährleistet auf technischer Ebene die korrekte Zuordnung von Verkäufen und Umsätzen innerhalb der Customer Journey. Dabei sind die Begriffe Cookie- und Trackingweiche fast gleichwertig. Da sich aktuelle Technologien nicht mehr ausschließlich auf Cookies stützen, ist die Bezeichnung „Trackingweiche“ zu bevorzugen. Ihr zugrunde liegt ein Regelsystem, das festlegt, wieviel Werbeleistung einzelne Berührungspunkte (Touchpoints) während der Customer Journey eines Nutzers beigetragen haben. Klassischerweise wird hier mit dem Last-Click Modell gearbeitet, d.h. die gesamte Werbeleistung der Customer Journey wird dem letzten Touchpoint zugesprochen. Kein Zweifel, dass sich der komplexe Online-Kaufprozess damit nicht korrekt abbilden lässt. Wegen der vergleichbar einfachen technischen Implementierung hält sich dieses Modell aber hartnäckig. Durch technischen Fortschritt und neue Herausforderungen werden die Modelle aber zunehmend komplexer.

Last Cookie Attribution
Last Cookie Attribution in einer Customer Journey mit zwei Touchpoints
Attribution nach Badewannenmodell
Attribution nach Badewannenmodell in einer Customer Journey mit drei Touchpoints

Trackingweichen dienen schlussendlich dazu, das gewählte Attributionsmodell praktisch anzuwenden. Sie entscheiden in Echtzeit, welchem Online Marketing Kanal (Touchpoint) eine erfolgreiche Transaktion zugeordnet wird. Je nachdem, wem die maßgebende Werbeleistung in der Customer Journey des Nutzers zugesprochen wird, wird das entsprechende Conversionpixel auf der Dankeschön-Seite ausgeliefert. Dies kann z.B. der Awin, Affilinet oder auch AdWords Conversion Pixel sein.
Ein spezieller Anwendungsfall im Affiliate Marketing ist die Deduplizierung von Transaktionen zwischen mehreren Affiliate Netzwerken: Betreibt ein Merchant ein Partnerprogramm bei zwei verschiedenen Affiliate Netzwerken kann es vorkommen, dass Nutzer zunächst Affiliate-Webseiten aus Netzwerk A und später einen Partner aus Netzwerk B besuchen. Kauft der Nutzer schließlich auf der Seite des Merchants, so würden ohne Trackingweiche in beiden Affiliate Netzwerken Transaktionen und damit auch Provisionen auflaufen. Um das zu umgehen, entscheidet die Trackingweiche anhand des Regelsystems, welcher Affiliate welche Werbeleistung erbracht hat und feuert dann das Conversionpixel des Netzwerkes, in dem der jeweilige Affiliate zum Partnerprogramm angemeldet ist. Im Falle eines Last-Cookie-Wins Modelles wird dem Affiliate die Provision gutgeschrieben, dessen Klick der letzte in der Customer Journey war. Nach diesem Modell deduplizieren übrigens auch die Affiliate Netzwerke ihre Provisionen innerhalb des Netzwerkes.

Wie funktioniert eine Trackingweiche in der Praxis?

Eine Trackingweiche ist ein Container, der mehrere Code-Snippets (Trackingpixel und Skripte) verwaltet und anhand vorher definierter Regeln veröffentlicht. Der Code der Weiche muss auf allen Unterseiten eingebunden sein und intern müssen die möglichen Transaktionspixel (z.B. verschiedene Affiliate Pixel, Facebook- und AdWords Conversion Pixel) hinterlegt werden. Außerdem sind Regeln zu definieren, die die Hierarchien zwischen den einzelnen Pixeln festlegen (Attributionsmodell).
Besucht ein Nutzer die Webseite, wird protokolliert, über welches Werbemittel und/oder welchen Werbekanal er auf Selbige geleitet wurde. Die Informationen werden in einem Cookie oder einer internen Datenbank gespeichert. Landet der Nutzer später erneut auf der Seite, wird sein „Protokoll“ erweitert und ein weiterer Touchpoint vermerkt. Der Vorgang wiederholt sich solange, bis der Nutzer den Kaufabschluss oder den Abschluss der gewünschten Transaktion tätigt. Am Ende der Customer Journey liegt nun eine Liste über alle Kontaktpunkte mit Werbemitteln und ggf. der Aufenthaltszeiten auf der Webpräsenz vor. Professionelle Anbieter speichern weitere Daten, wie z.B. das genutzte Endgerät.
Beim Bestellabschluss erkennt die Weiche den Nutzer wieder, prüft die internen Regeln und entscheidet anhand dieser Vorgaben, welchem Kanal oder Werbemittel die Conversion zugeordnet wird bzw. welcher Kanal welchen Anteil daran hatte. Mit der Zuordnung geht die Entscheidung einher, welches Pixel auf der Bestellbestätigungsseite ausgespielt werden soll. Je nachdem wie komplex die Trackingweiche arbeitet, lassen sich auch mehrere Conversionpixel ausspielen – für ein komplexes Attributionsmodell ist dies gar unumgänglich.
Wenn wie im zuvor beschriebenen Szenario nun z.B. zwei Publisher aus unterschiedlichen Netzwerken an der Transaktion beteiligt waren, so kann die Trackingweiche in einem Last-Cookie-Wins Modell nur das Conversion Pixel des Netzwerks veröffentlichen, dem der Affiliate mit dem letzten Kontaktpunkt angehörte. Man spricht hier von Deduplizierung der Transaktionen, also der Vermeidung einer Mehrfachprovisionierung. Setzt der Advertiser stattdessen auf eine lineare Atrribution (d.h. allen Touchpoints wird der gleiche Anteil an der Werbeleistung zugerechnet), so können die Conversionpixel beider Netzwerke veröffentlicht werden, mit jeweils 50% des eigentlichen Warenkorbs. In diesem Fall würden sich beide Affiliates die Provision teilen. Kommt noch ein weiterer Werbekanal hinzu, würde der Bestellwert zu je 33% auf die einzelnen Touchpoints verteilt:
Touchpoints
Die Umsetzung von Trackingweichen erfolgt in der Regel über die Erweiterung der Landingpage-URLs um Parameter oder Verzeichnisse (nur noch vereinzelt). Folgende Beispiele dienen zur Identifikation von Besuchern über den Affiliate-Kanal und das entsprechende Netzwerk:

Natürlich können die Kampagnen mithilfe der Parameterkonfiguration noch detaillierter erfasst werden:

Mit solchen URLs lässt sich die Customer Journey bis auf das Level einzelner Affiliates herunterbrechen und bewerten.
Besucht nun ein Nutzer die Webseite des Advertisers über einen solchen Link, kann die Trackingweiche die GET-Parameter auslesen, legt einen Datenbank-Eintrag mit allen Details über den Besuch des Nutzers an (z.B. Kampagne, Uhrzeit, Endgerät, …) und markiert den Nutzer mit einem Cookie. Diese Cookies gewährleisten zwar die 100%ige Wiedererkennung eines Nutzers, allerdings können sie auch leicht gelöscht werden. Stützt sich die Trackingweiche allein auf das Wiedererkennen von Nutzern anhand von Cookies, wird es regelmäßig vorkommen, dass Nutzer nicht wiedererkannt werden. Abhilfe kann hier die Verwendung vom sogenannten Fingerprint Tracking schaffen. Dieses erstellt anhand verschiedener Merkmale des Nutzers einen „Fingerabdruck“ und speichert diesen ab. Kommt der Nutzer später wieder, wird der Fingerabdruck erneut erstellt und geprüft ob bereits ein vergleichbarer Eintrag vorhanden ist. Die Technologie gewährleistet leider keine 100%ige Wiedererkennung, ist aber dafür nicht auf Cookies und damit Browsereinstellungen oder Verhaltensweisen des Nutzers angewiesen.
Neben den skizzierten Vorteilen offenbart die Verwendung einer Trackingweiche aber auch Fehlerquellen. Wenn z.B. Affiliates selbst Links erstellen oder die GET-Parameter aus anderen Gründen falsch konfiguriert werden, kann die Trackingweiche die Herkunft des Nutzers nicht mehr erkennen. Für Affiliates bedeutet dies in der Regel, dass sie keine Provisionen erhalten, da die Trackingweiche den Besuch nicht mit einem Affiliate Netzwerk assoziieren und somit auch nicht den Conversionpixel des Netzwerkes veröffentlichen kann.

Click- und View-Cookies

Bisher haben wir nur Click-Cookies betrachtet. Was, wenn im Partnerprogramm auch PostView zugelassen ist und somit auch Views zu berücksichtigen sind? Durch PostView erhält das Tracking eine neue Dimension. Wie viel ist der Sichtkontakt eines Werbemittels wert? Durch Aspekte wie Bannerblindheit oder die Auslieferung des Werbemittels als Triple-Banner ist die Werbeleistung von Views umstritten. Fest steht, dass ein Klick – also eine bewusste Handlung des Users – höher einzustufen ist als ein Sichtkontakt, der sich nicht 100%ig nachweisen lässt. Somit erhält der View eine niedrigere Priorität als der Klick, wodurch der Click-Cookie gegenüber dem View-Cookie in der Regel den Vorzug erhält.
Auf technischer Ebene muss zur Unterscheidung zwischen View- und Click-Cookie eine High-Traffic-Landingpage vom Merchant zur Verfügung gestellt werden. Diese wird vom PostView-Affiliate geladen, sobald der Sichtkontakt zwischen Werbemittel und User hergestellt wird. Bleibt es also beim reinen Sichtkontakt, wird der View-Cookie gesetzt. Erfolgt ein Klick auf das Werbemittel, kommt der Klick-Cookie zum Einsatz. Schlussendlich entscheidet die Trackingweiche anhand des gewählten Regelsystems, welchem Affiliate (PostView oder PostClick) die Provision gutgeschrieben wird.

Deduplizierung zwischen Affiliates

Bisher bezogen sich die meisten Angaben auf die Deduplizierung von Transaktionen zwischen Marketingkanälen oder Netzwerken. Dabei liegt stets ein eigenes Conversionpixel für jeden Touchpoint vor. Anders ist der Sachverhalt, wenn innerhalb eines Affiliate Netzwerkes die Conversions dedupliziert werden sollen, also zwischen zwei Affiliates des gleichen Netzwerkes. Um dies zu gewährleisten, muss im Conversionpixel die Affiliate-ID des Affiliates übergeben werden, dem die Werbeleistung zugerechnet wird. Das heißt auch, dass diese Publisher ID bei jedem Nutzer, der über den Affiliate Kanal die Seite besucht, zu erfassen ist.
Zu beachten ist, dass die Affiliate Netzwerke standardmäßig Informationen aus den Cookies des Nutzers auslesen um herauszufinden, welchem Affiliate die Provision gutgeschrieben werden muss. Da die Affiliate Netzwerke das Last-Cookie-Wins Modell, wird standardmäßig dem letzten Werbekontakt/Affiliate 100% der Werbeleistung zugeschrieben. Möchte man dies umgehen, muss das Cookie Tracking des Affiliate Netzwerkes deaktiviert werden. Stattdessen werden dann die Informationen aus dem Conversionpixel zur Zuordnung der Provisionen genutzt und das gewählte Attributionsmodell zur Anwendung gebracht.
Auch bei besonderen Disziplingen der Trackingweichen, wie z.B. dem Basket- oder Cookiefreeze, ist dies zu berücksichtigen.

Trackingweiche selbst programmieren vs. Software kaufen

Vor einigen Jahren war es durchaus üblich, Trackingweichen selbst zu programmieren. Themen wie Attribution, Datenschutz, Cross-Device Tracking und Multichannel Marketing waren nicht präsent. Einfache Tools konnten bereits die Aufgaben einer der Trackingweiche erfüllen.
Mittlerweile ist Online Marketing sehr komplex geworden und bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich, denen auch die Trackingweiche genügen muss. Denn schlussendlich führt die Trackingweiche die Steuerung der Marketingaktivitäten aus und schafft die Datengrundlage für zukünftige Marketingentscheidungen. In den meisten Fällen dient eine Trackingweiche gleichzeitig dem Sammeln und Aufbereiten der Daten.
Es ist selten angeraten, eigene Lösungen zu entwickeln da es mittlerweile zahlreiche Anbieter gibt, die professionelle Lösungen entwickeln und diese stetig an den dynamischen Markt anpassen. Zu nennen sind an dieser Stelle Anbieter wie IntelliAd, Webtrekk, Exactag oder DC Storm. Als kostenlose Alternative kann der Google Tag Manager genutzt werden. Dieser wurde aber nicht dazu geschaffen, Atrributionsmodelle abzubilden, weshalb hier eigener Entwicklungsaufwand eingebracht werden muss.

Fazit

Mit den aktuellen Anforderungen an ein effizientes Marketing und dem, was noch kommen wird, ist der Einsatz einer Trackingweiche uneingeschränkt zu empfehlen. Beim Entwurf bzw. der Anwendung eines Attributionsmodelles sollte aber stets die Besonderheit des Affiliate Kanals – dass  die Vergütung der Affiliates erst bei Kaufabschluss erfolgt – berücksichtigt werden. Auf anderen Werbenetzwerke, wie z.B. AdWords oder Facebook, lassen sich bereits Klicks und Views vergüten, ohne auf eine Veröffentlichung der Conversionpixel angewiesen zu sein. Der Affiliate hingegen geht leer aus, wenn er seinen Beitrag zur Customer Journey erbringt, diese aber gemäß der gewählten Attribution nicht provisioniert wird.

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Nora Feldhaus
Nora Feldhaus
vor 6 Jahren

Vielen Dank für diesen wirklich umfang- und aufschlussreichen Artikel zum Thema Trackingweiche. Endlich mal kein (reiner) SEO Text von irgendeiner Agentur, sondern echte Inhalte.