Ein Leitfaden für die Publisher-Freigabe im Partnerprogramm
Als täglich wiederkehrende Aufgabe gehört die Überprüfung der Bewerbungen neuer Publisher-Zugänge zum grundlegenden Handwerk eines jeden Account Managers im Affiliate Marketing. Deshalb sollte bereits zum Berufseinstieg ein umfassendes Verständnis zu einem ausgewogenen Publisher-Mix entwickelt werden. Der Erfolg eines Programms wird durch funktionierende Partnerschaften maßgeblich bestimmt. Der Startschuss jeder Zusammenarbeit fällt mit der Bewerbung des Publishers zum Partnerprogramm.
Auch wenn der Publisher-Freigabeprozess auf den ersten Blick einfach erscheint, gilt es dennoch, dabei zahlreiche Feinheiten zu beachten. Dieser Blogbeitrag soll Einsteiger*innen und etablierten Affiliate Manager*innen als Leitfaden dienen, um einen effizienten Prozess im eigenen Arbeitsalltag zu etablieren.
Wo fangen wir an?
Ein umfangreiches Fachwissen bildet die Voraussetzung für eine korrekte Einschätzung der Werbeflächen, die Publisher im Netzwerk angegeben haben. Eine Gutscheinseite lässt sich noch einfach erkennen. Aber wie sieht es bei einem SEM-Publisher aus? Sollte sich an dieser Stelle schon ein Gefühl von Ahnungslosigkeit einstellen, bietet sich unser Artikel mit der Übersicht zu allen gängigen Geschäftsmodellen im Affiliate Marketing an.
Falls nach einer umfangreichen Prüfung der Angaben immer noch Unklarheit herrscht, um welches Segment es sich handelt, lohnt es sich immer, den Publisher direkt zu kontaktieren und nachzufragen. Alternativ könnte auch eine direkte Einschätzung des Netzwerks helfen.
Entlang der Customer Journey (siehe AIDA-Grafik) sollten Publisher nach Wertigkeit und Aufwand der Werbeleistung unterschiedlich hoch vergütet werden. In gut kalkulierten Provisionsstrukturen erhalten Gutschein- oder Cashback-Publisher eine niedrigere Provision als Content-Partner, die in einem Last-Click-Vergütungsmodell häufig leer ausgehen. Die Provisionssätze müssen entsprechend der vollbrachten Werbeleistung zugeordnet werden. Eine sinnvolle Bewertung der Vergütung kann im besten Fall viele Kosten sparen oder Motivation bescheren, viel Einsatz bei der Bewerbung des Advertisers zu zeigen.
Grundsätzlich sollte man bei und nach der Zulassung zum Programm stets ein wachsames Auge bemühen. Denn nicht alle Akteure verfolgen das Ziel, eine wünschenswert regelkonforme Werbeleistung für den Advertiser zu erbringen. In unserem Blogbeitrag „Content-Diebstahl“ erfährst du mehr über dieses Thema.
Besonderheiten der Netzwerke
Je höher die Anzahl der Netzwerke, die ein Affiliate Manager betreut, desto aufwändiger und zeitintensiver kann der tägliche Freigabeprozess sein. Jedes Netzwerk hat zusätzlich seine Eigenheiten, die es zu beachten gilt.
Viele Netzwerke bieten wie Awin die Möglichkeit, mehrere Publisher gleichzeitig abzulehnen. Es empfiehlt sich daher, zunächst alle Webseiten der neuen Bewerber in mehreren Tabs zu öffnen, sie zu überprüfen und die abzulehnenden Profile zu sammeln. Bei einer Ablehnung sollten die Beweggründe angegeben werden, um Missverständnissen vorzubeugen. So weiß der Publisher, warum sich gegebenenfalls eine Neubewerbung nicht lohnt.
Im Netzwerk von Webgains müssen die Publisher-Freigaben einzeln bearbeitet werden. Auch die Ablehnungsgründe (siehe Abbildung) unterscheiden sich von denen bei Awin. Der Freigabeprozess wurde dort ebenfalls sehr übersichtlich gestaltet.
In vielen Netzwerken lassen sich ein oder mehrere relevante Tags während des Zulassungsprozesses vergeben. Sie werden für spätere Auswertungen interessant. Außerdem können die Publisher entsprechend dem Vergütungsmodell in Provisionsgruppen eingeordnet werden. Ein Publisher-Account kann verschiedene Publisher-Segmente abdecken, indem mehrere URLs angegeben werden. Deshalb sollten sich auch alle relevanten Werbeflächen des Profils genauer angeschaut werden.
Zu beachten ist jedoch, dass der Bewerber nicht verpflichtet ist, alle Werbeflächen lückenlos anzugeben. Die fehlende Vollständigkeitsgarantie birgt leider Fraud-Risiken. Nach der Zulassung sollten demnach neue Affiliates und deren Performance stets im Blickfeld gehalten werden. Falls Fraud-Publisher identifiziert werden, sollten diese unbedingt dem jeweiligen Netzwerk schnellstmöglich gemeldet werden. Detailliertere Informationen zu einem Umgang mit Fraud im Partnerprogramm, können im OMR-Gastbeitrag von Marius Hasselkus oder im Kapitel 5 unseres Affiliate E-Book Version 3.0 nachgelesen werden.
Kurz zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Publisher-Freigabe das Ziel eines ausgewogener Publisher-Mix mit passender Provisionsstruktur verfolgt und regelmäßige Überprüfungen Fraud minimieren. Außerdem besitzen die Netzwerke unterschiedliche Freigabeprozesse, die effizient genutzt werden sollten.
Los geht’s mit der Publisher-Freigabe
Schauen wir uns die Websites der Publisher genauer an! Sind beispielsweise Cashbacker vom Programm ausgeschlossen, können diese getrost ignoriert werden. Oft erkennt man bei der Prüfung der potenziellen Affiliate-Webseiten schon auf den ersten Blick, dass eine Zulassung ausgeschlossen werden kann.
Ein genauer Blick lohnt sich jedoch immer! In manchen Fällen sind anfangs optisch abschreckende Websites diejenigen mit erstaunlich guten Texten oder Inhalten und einer loyalen Community. Von daher sollten sie nicht im Vorhinein abgestempelt werden.
Häufig bewerben sich Publisher mit unerreichbaren Websites und in jüngster Vergangenheit auch einige Apps, die noch nicht fertig gestellt oder gerade erst gestartet sind. Wenn man sie aufgrund des vorhandenen Potentials dennoch zulassen möchte, sollte der Status der Website regelmäßig überprüft werden. Außerdem kann die Seite vorerst abgelehnt werden und gebeten werden, sich zu einem späteren Zeitpunkt (nach Fertigstellung) erneut zu bewerben. In einigen Fällen lohnt sich auch eine direkte Kontaktaufnahme, in der erfragt werden kann, wie die zukünftigen Pläne zur Entwicklung und Ausrichtung der Werbeflächen aussehen, um eine Idee einer möglichen Zusammenarbeit zu bekommen.
Tipp: Möchte man Seiten vorerst beobachten, könnte eine gesonderte Provisionsgruppe mit geringerem Satz unterstützend wirken. Von dort aus sollten die Publisher und deren Aktivitäten in kurzen Abständen überprüft werden.
Bei vielen Webseiten muss dennoch genauer hingeschaut werden. Folgende Punkte können dabei hilfreich sein:
- Klick dich ein wenig durch: Besitzen alle Unterseiten auch genügend Inhalte? Wirkt die Webseite allgemein vertrauenswürdig? Verfolgt die Seite einen erkennbaren Zweck?
- Impressum checken (z. B. ausländisches oder fehlendes Impressum kann verdächtig sein)
- Daten im Impressum mit Daten des Bewerbers im Netzwerk abgleichen
- Sichtbarkeitsindex und Traffic über Sistrix oder Searchmetrics checken (Achtung: ein schlechter SI bedeutet nicht zwangsläufig eine schlechte Seite)
- Durchführen einer Site-Abfrage bei Google: Ist die Seite überhaupt schon indexiert? Wie sieht’s mit dem Cache aus? (site:www.beispieldomain.de)
- Seerobots checken: Wie sind die robots-Daten gesetzt? (noindex, nofollow)
- Ghostery checken: Laufen eventuell auffällig viele Daten im Hintergrund der Seite mit?
- Fiddler einsetzen bei Verdacht auf Betrug (falls es sich um eine verdächtige Subdomain handelt): Das Programm protokolliert den HTTP-Verkehr zwischen PC und Internet. Man erkennt damit versteckte Weiterleitungen, Cookies und andere Raffinessen.
- Bei (verdächtigen) Blogs einen Textausschnitt bei Google eingeben, um eventuelle Kopien zu identifizieren
- Social-Plugins checken: Hat die Seite auch in sozialen Netzwerken eine zufriedenstellende Reichweite?
- Bei Unsicherheiten lieber eine zweite Meinung im Kollegium einfordern. Gibt es bereits Erfahrungen?
- Hast du keine Kolleg*innen im Affiliate Bereich? Dann die Bewerbung im Zweifelsfall zunächst nicht bearbeiten, den Publisher kontaktieren und auf Antwort warten.
Zu aussichtsreichen Affiliates sollte direkt der Kontakt beispielsweise über eine Willkommensnachricht gesucht werden. Dort können aktuelle Aktionen angesprochen oder eine besondere Provisionshöhe angeboten werden. Falls Fragen beim Publisher aufgekommen sind, ist die Hürde einer Anfrage nach der ersten Kontaktaufnahme auch nicht mehr so hoch. Der Grundstein für eine langfristig wertvolle Partnerschaft kann hierüber bestens gelegt werden.
Zusammenfassung
Bei Bedenken einer Zulassung lassen sich grundsätzlich zwei Wege voneinander unterscheiden:
- Der Affiliate Manager hegt großes Misstrauen gegenüber dem Auftritt des möglichen Partners und lässt diesen nicht zu. Damit geht man jedem Risiko aus dem Weg. Dennoch muss einem die Gefahr, großes Potential zu verschenken, bewusst sein.
- Der Affiliate Manager lässt den Publisher zu, selbst wenn diese*r sich nicht zu 100% sicher ist. Damit wird ein gewisses Risiko eingegangen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, den Affiliate zu beobachten und gegebenenfalls wieder zu kündigen, falls die Zusammenarbeit nicht funktioniert oder Fraud betrieben wird.
Zusammenfassend möchte ich eine Checkliste zur Verfügung stellen, die einfach in den täglichen Workflow übernommen werden kann.
- Netzwerk für Netzwerk abarbeiten
- Webseiten ansehen und Impressum checken
- Für die Entscheidung Tools & Plug-Ins sowie – wenn möglich – eine zweite Meinung einbeziehen
- bei Unsicherheit den Publisher direkt kontaktieren
- zugelassene Affiliates in die entsprechenden Gruppen und Konditionen einordnen
- einen Publisher-Tag für spätere Auswertung vergeben
- Affiliates mit Potential anschreiben und willkommen heißen
- Fraud-Publisher bei Netzwerken melden
Es lohnt sich, einen Qualitätsstandard für die Verwaltung des Affiliate Partnerprogramms zu entwickeln und diesen kontinuierlich auch nach außen hin zu vertreten. Ein intern zentral abgelegtes Dokument mit den wichtigen Zulassungs- und Verwaltungsgrundsätze kann im Fall einer Vertretung durch Krankheit oder Urlaub einige Nerven der übernehmenden Kolleg*innen sparen.
Ich hoffe, ihr konntet einen detaillierten Einblick in meinen Prozess der Partnerfreigabe bekommen. Wie geht ihr dabei vor? Welche Tools nutzt ihr? Ich freue mich über eure Kommentare.
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Hallo Christin,
mir hat dein Beitrag sehr gut gefallen. Ich hätte allerdings noch einige Frage, die sich so aus dem Kontext für mich noch nicht ganz entschlossen haben.
1. Wie bewerte ich die Daten, welches mir das Plugin Seerobots liefert? Was ist gut zu bewerten und was eher schlecht?
2. Woran erkenne ich auffällige Daten mit dem Tool Ghostery?
Vielen Dank für deien Antwort.
Hallo Tola,
leider kann ich dir urlaubsbedingt erst heute antworten. Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Fragen!
Zu deiner 1. Frage: Das SeeRobots-Plugin zeigt ja auf den schnellen Blick, ob die Seite zur Indexierung freigegeben ist. Sollte eine Seite nicht für die Indexierung bei großen Suchmaschinen freigegeben sein, so solltest du dich fragen, was der Hintergrund ist. Denn nur in den wenigsten Fällen macht es Sinn, auf Traffic von Google und Co. zu verzichten.
Zu deiner 2. Frage: Viele Datensammler, Container und Tracking-Technologien machen die Webseite langsam. Wer seine Nutzer liebt, achtet darauf, dass die Seite möglichst schnell ist. Dennoch: Viele Technologien auf der Webseite bedeuten nicht, dass die Seite selbst schlecht ist. Ghostery ist vielleicht weniger dazu geeignet, einen Fraud-Publisher zu entlarven, sondern viel mehr um einen Verdacht zu verfestigen. Wenn man also sowieso schon einen Verdacht hegt, kann man die Liste der verwendeten Technologien auch mal durchgehen und auf Unregelmäßigkeiten prüfen. Wenn über die Webseite 50 Tracker oder mehr mitlaufen, finde ich das schon verdächtig. Falls ich noch ein Beispiel ausfindig machen kann, poste ich das noch.
Ich hoffe, die Antworten haben dir erst einmal weitergeholfen.
Vielen Dank für dein Antwort 🙂
[…] die Basic-Artikel von Projecter sehr gut gefallen und immer empfehlenswert sind! Diesmal behandelt Projecter die Publisher-Freigaben. Lesen, falls man relativ neu in der Branche […]
[…] bei der Partnerfreigabe berücksichtigt werden soll, kann hier nachgelesen […]