Facebook Page Likes – Was sind sie noch wert?
Enorme Reichweiten, zusätzlicher Traffic, eine Menge Social Buzz und steigende Umsätze – mit diesen Versprechen zieht es Millionen von Unternehmen damals wie heute auf Facebook. Ein Markenauftritt in dem Netzwerk bedeutet für Unternehmen aller Größenordnungen, egal ob internationale Marke oder mittelständisches Unternehmen, die gleiche Herausforderung: Der anfängliche Aufbau von Reichweite. Das probateste Mittel für gesicherte Reichweite auf Facebook war bis dato die Anzahl an Fans. Doch welche Rolle spielt der Page Like heute überhaupt noch für die Reichweite eines Facebook-Profils?
Der Page Like als Epizentrum der Social Media Strategie
Ein Blick in die Like-Vergangenheit zeigt ein wahres Wettrüsten nach Page Likes. Das Streben nach „Gefällt mir“-Angaben für die eigene Seite besaß höchste Priorität, ungeachtet der kommunizierten Inhalte. Likes avancierten zum ultimativen Statussymbol der Facebook-Seitenbetreiber. Der Page Like war das Epizentrum der Social Media Strategie. Selbst die Ausrichtung der Social Media Kommunikation ordnete sich der Gewinnung neuer Likes unter. Schließlich waren zusätzliche Pages Likes gleichbedeutend mit zusätzlicher Reichweite, denn parallel zum RSS-Feed abonnierten User mit einem Like automatisch neu veröffentlichte Inhalte einer Facebook-Seite. Den Reiz der Plattform und ihrer Versprechungen konnten nur wenige Unternehmen wiederstehen, immer weitere Facebook-Accounts entstanden mit dem identischen Ziel – die größtmögliche Anzahl an „Gefällt mir“-Angaben zu sammeln.
Newsfeed Algorithmus vs. Page Likes
Facebook versteht sich selbst als Plattform, auf der sich Menschen vernetzen und miteinander kommunizieren. Mittlerweile nutzen mehr als 2 Milliarden Menschen dieses Angebot, wobei der durchschnittliche Facebook-User mehr als 160 Freunde besitzt. Mit steigender Anzahl an Usern stieg die Menge an geteilten Bildern, Videos, Statusupdates oder Links. Würde Facebook weiterhin sämtliche Inhalte von Freunden und gelikten Seiten anzeigen, würden die Nutzer mit einer unverdaulichen Masse an Informationen konfrontiert, argumentiert Facebook. Während andere Plattformen wie z.B. Twitter an der chronologischen Anzeige an Inhalten festhielten, entwickelte Facebook seinen Newsfeed-Algorithmus. Basierend auf zahlreichen Faktoren wird entschieden, welche Inhalte in dem Newsfeed der Facebook-User erscheinen.
Die strategische Bedeutung des Newsfeeds stellt sich gegen den Ur-Gedanken des Page Likes. Das ledigliche Abonnement einer Seite durch ein Like garantiert gegenwärtig kein automatisches Erscheinen im Newsfeed. Aktuell berücksichtigt Facebook vier Kernpunkte bei der Entscheidung, ob ein Post im Newsfeed der User angezeigt wird:
- Creator: das Interesse der Facebook User an dem Profil der publizierenden Seite
- Post: die Performance des Posts bei anderen Facebook-Usern
- Type: die Art des Posts (Foto, Video, Text, …)
- Recency: die Aktualität des Posts
Paradigmenwechsel in der Social Media Strategie
Durch den stärkeren Einbezug verschiedener Faktoren bei der Entscheidung über die Einblendung von Inhalten im Newsfeed wurden Unternehmen gezwungen, sich intensiver mit ihrer strategischen Social Media Ausrichtung zu beschäftigen. Das bloße Einsammeln von Page Likes verschafft wenig Vorteile, so lange keine Interaktionen mit der Seite und den Inhalten entstehen. Grundsätzliche Fragen bezüglich der inhaltlichen Gestaltung und der taktischen Herangehensweise traten in den Vordergrund. Facebook selbst unternahm im Laufe der Zeit stetige Anpassungen, die den Wert des Page Likes herabstufen:
- Facebook Pages können abonniert werden, ohne Fan der Seite zu werden
- Beiträge, die explizit zu Likes aufrufen, werden vom Facebook-Algorithmus ausgeblendet
- Page Likes, als Voraussetzung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel, sind nicht zugelassen
- Die Anzeige der Page Likes einer Seite werden weniger prominent dargestellt als früher
- Facebook selbst gibt keine Empfehlungen zu Fan Ads
Der letzte Punkt basiert auf einem Interview von Daniel Kramer, Manager eCommerce und Sport von Facebook, im Sports Maniac Podcast. Demnach besitzen Interaktionen mit einem Facebook Profil eine deutlich höhere Bedeutung als die Anzahl der Fans, weshalb seitens Facebook auch eher zu dieser Form der Anzeigen geraten wird.
Grundsätzlich lässt sich Facebooks Strategie bei einer größeren Betrachtung der Page Like Thematik deutlich identifizieren. Mit dem Hintergrund eines wirtschaftlichen Unternehmens bietet Facebook Unternehmen die Möglichkeit Werbeplätze im künstlich beschränkten Newsfeed einzukaufen. Diese Option ist für eine Vielzahl an Seitenbetreibern notwendig, um Reichweite aufzubauen, schließlich garantieren zusätzliche Page Likes keine zusätzliche Reichweite mehr. Mit Aufmerksamkeit und Reichweite belohnt werden Seiten, die durch ihre Beiträge hohe Interaktionsraten erreichen. Die reine Anzahl an Page Likes ist dabei nur wenig bedeutsam. Zwar werden von Facebook zahlreiche Faktoren bei der Bewertung der Reichweite von Seitenbeiträgen berücksichtigt, jedoch werden keine Posts von Seiten viral gehen, die lediglich hohe Fanzahlen vorweisen, aber keine Personen zum „Like“ verführt haben.
Wie geht es mit dem Page Like weiter?
Frühere Erfolgsmaßnahmen, wie der Kauf von tausenden Likes, mögen zwar noch das Ego einiger Facebook Administratoren kurzfristig steigern, haben jedoch keinen besonderen Einfluss auf die Reichweite der Seitenbeiträge mehr, solange damit nicht auch Interaktionen hervorgerufen und die Emotionen der Zielgruppe geweckt werden.
Besondere Bedeutung erhält daher die Auswertung der bisherigen Social Media Aktivitäten auf Facebook, weshalb sich Social Media Manger die Facebook Aktivitäten unter folgenden Gesichtspunkten genauer anschauen sollten:
- Welche Posts haben besonders viele Interaktionen erhalten?
- Welche Posts haben besonders große Reichweite erhalten?
- Welche Posts haben wenig Interaktionen bzw. Reichweite erhalten? Welche Gründe können dafür verantwortlich gemacht werden?
- Wie lassen sich erfolgreiche Formate mit der eigenen Kommunikationsstrategie in Zukunft weiterhin kombinieren?
- Wie häufig sollten neue Formate getestet werden?
Abgesehen von der Frage nach relevanten Inhalten stellt sich die elementare Herausforderung des Aufbaus von Reichweite. Facebook beschneidet die historische Bedeutung des Page Likes kontinuierlich und zwingt Unternehmen somit indirekt zu Werbeausgaben. Zwar gehen Interaktionen und der Wunsch nach Reichweite Hand in Hand, dennoch lässt sich Ersteres nur schwer ohne Zweites aufbauen. Der Page Like besitzt daher gerade zu Beginn der Social Media Aktivitäten auf Facebook eine besondere Möglichkeit für Seitenbetreiber. Ein besonders zu Anfangszeiten interaktionsreiches Profil zeigt Facebook, dass relevante Inhalte ausgespielt werden. Auch das von Facebook in Abrede gestellte Format der Fan Ads lässt die sowohl die „Gefällt mir“ Angaben und Reichweite zu Beginn steigen. Doch spätestens nach dem Erreichen des ersten Plateaus dürfte den letzten Seitenbetreibern klar werden, dass es kleinere Herausforderungen gibt, als unbezahlte Reichweite auf Facebook zu erreichen.
Interessante Frage und schöne Aufschlüsselung. Ich bin mal gespannt, wie es mit dem Thema Facebook Likes weitergeht.
Spannend geschrieben.