Brand Bidding: wie kann man dagegen vorgehen?
Unter Brand Bidding versteht man im Suchmaschinenmarketing die Abgabe eines Gebotes für einen Markennamen. Ob dies nun der eigene Markenname ist oder der eines Konkurrenten, wird aus dem Begriff allein nicht deutlich. Obwohl Brandbidding zumeist in eher unschönen Zusammenhängen genannt wird, gibt es durchaus auch Situationen, in denen Brandbidding erwünscht ist.
Das einfachste Beispiel ist das Bewerben der eigenen Marke. Ein Shopbetreiber schaltet beispielsweise Suchmaschinenanzeigen auf den ihm eigenen Markennamen und erhöht damit seine Reichweite. Zusätzlich gibt es das Szenario, dass ein Markeninhaber gar kein SEM betreibt. Dann kann es für ihn attraktiv sein, wenn seine Affiliates Werbeanzeigen auf den Markennamen buchen, besonders für Shops, deren Marke noch nicht sehr bekannt ist und einen generischen Charakter hat. In dieser Situation fehlen dann oft die organischen Rankings für den „Markenbegriff“. Wenn man den richtigen Partner erwischt, kann man somit ein performance-basiertes Suchmaschinenmarketing erreichen und spart sich eine Menge Arbeit.
Aber: Unbequem kann es werden, wenn man als Shopbetreiber bereits Anzeigen auf den eigenen Markennamen schaltet und ein getarnter Affiliate plötzlich gleichzieht. Dann konkurriert man quasi mit seinen Werbepartnern um die besten Anzeigenplätze. Wenn man das nicht rechtzeitig merkt, kann es ganz schön teuer werden für den Shopbetreiber. Auf die eigenen Kosten für SEM werden dann noch die erhöhten Kosten durch vermehrte Konkurrenz und natürlich Provisionen für „vom Affiliate vermittelte Verkäufe“ draufgepackt.
Um sich diese Kosten zu ersparen, ist es wichtig, die schwarzen Schafe früh zu entlarven und aus dem Partnerprogramm zu verbannen.
Erste Indizien
Da man das Verhalten der eigenen Partner sowieso stets im Blick hat, kann man Ausschläge und Anomalien schnell erkennen. Solche Anomalien können z.B. sein:
- (Plötzlich stark) erhöhte Conversionrate
- Plötzlich starker Anstieg der Anzahl der Verkäufe
- Plötzlich starker Anstieg der Clicks durch den Partner
- Geballte Sales in bestimmten Intervallen (besonders nachts und am Wochenende)
Natürlich gibt es auch noch Indizien, die im Profil des Partners auftauchen, allerdings auch nicht unbedingt mit einem Betrug einhergehen müssen. Das könnten z.B. sein:
- Kein Impressum auf der angegebenen Webseite
- Eine UK-Adresse im Impressum (das ist natürlich kein eindeutiger Hinweis und soll nicht diskriminieren, die Praxis hat aber gezeigt, dass Brandbidder oft einen Briefkasten im Vereinigten Königreich anmieten)
- Partner reagiert nicht auf Emails
- Unter der angegebenen Telefonnummer (falls eine angegeben ist) ist niemand zu erreichen
Auch die angegebene Webseite kann schon Hinweise darauf geben, dass der Partner vielleicht nicht all seine Methoden offenlegt:
Oft sieht man bei Brand Biddern ein einfaches Schema auf der Webseite, welches das Logo der Shops darstellt und daneben beschreiben noch zwei bis drei Zeilen Text den Shop. Es lässt sich leicht vermuten, dass dieses Modell nicht unbedingt werbewirksam ist – zumindest nicht in der Dimension, wie es die Verkaufszahlen der Webseite suggerieren. Da die Seiten bzw. deren Betreiber in den meisten Fällen international agieren weißt ein Länderkürzel in der URL auf die Sprache hin. Meist liegt dann die URL Form www.seite.com/de/. Hier eine schematische Darstellung einer typischen Brand Bidder-Seite:
Diese Seiten dienen typischerweise dazu, dem Programmbetreiber vorzugaukeln, dass der Affiliate seine Sales darüber generiert und alles nach Vorschrift verläuft.
Überführung
Weist eine Seite mehrere der beschriebenen Indizien auf, so sollte man sich näher damit auseinandersetzen. Dazu gehört in erster Linie das Überprüfen aller aufgeführten Hinweise. Allerdings soll das nicht heißen, dass wenn ein Indiz nicht zutrifft, der Betroffene von allen Urteilen freigesprochen ist – andersherum ist niemand des Brand Biddings schuldig, weil er alle zuvor genannten Kriterien erfüllt.
Man sollte versuchen, Kontakt zu dem Publisher herzustellen. Handelt es sich tatsächlich um einen Brand Bidder, so wird er in den meisten Fällen nicht darauf reagieren. Man kann dann an dieser Stelle ruhig darauf hinweisen, dass man sich nicht ganz im Klaren darüber ist, wie er den Traffic und eventuell Sales generiert. Bekommt man keine Antwort, sollte man nach Beweisen suchen. Die einfachste Art ist das Suchen des Markennamen in den Suchmaschinen. Taucht dort dann eine Anzeige des Affiliates auf, kann man diese mittels Screenshot sichern und sie ihm dann später zur Last legen.
Ein wenig schwieriger wird es, wenn man einem sogenannten Ad-Hijacker auf den Leim gegangen ist. Dieser kopiert die eigenen Anzeigen 1:1 und agiert meist nachts und an Wochenenden – das macht das Entlarven noch schwieriger und ist auch noch schädlicher für das eigene Geschäft. Denn da zwei gleiche Anzeigen nie gleichzeitig ausgegeben werden können, wird immer die des Höchstbietenden veröffentlicht. Es ist nicht schwer zu erraten, wer an dieser Stelle der Höchstbietende sein wird. Das heißt, der Betrüger fasst zu Zeiten der Anzeigenschaltung den gesamten Traffic über die Anzeigen ab – keine schöne Vorstellung für einen Shopbetreiber.
Um diese Art von Brand Biddern zu entlarven, benötigt es etwas mehr Aufwand. Am besten nimmt man sich das Tool HTTP Live Headers für Firefox, den Fiddler 2 Web Debugging Proxy oder ein Äquivalent zur Hilfe. Damit kann man beim Klick auf einen Link genau nachvollziehen, welche Webseiten im Hintergrund aufgerufen werden und welche Cookies gesetzt werden. Wenn beim Betrachten der aufgerufenen Webseiten und –services etwas dabei ist, was man mit dem Affiliate in Verbindung bringt, so hat man ihn am Wickel. Dies können Cookies, Weiterleitungsseiten oder die Seite des Brand Bidders selbst sein.
In einzelnen Fällen kann man den Betrug auch ohne Zuhilfenahme von Tools feststellen. Wenn man beim Klick auf die Anzeige z.B. im Shop landet, aber an der URL noch Parameter wie „ref=affiliatenetzwerk“ hängen, so ist dies auch ein ziemlich eindeutiger Beweis. Noch einfacher ist es, wenn man beim Klick noch in der Adresszeile des Browsers die Seite des Affiliates sieht. Aber oft agieren diese Weiterleitungen so schnell, dass man ohne Tools keine Chance hat.
Überwachung
Wem das händische Aufspüren der schwarzen Schafe einfach keine Zeit hat, für den gibt es natürlich auch entsprechende Tools. Da diese Tools einiges an Arbeit leisten, sind sie natürlich auch kostenpflichtig. Für größere Shops lohnt sich allerdings eine solche Investition.
Das erste Tool, was ich an dieser Stelle nennen möchte, ist Xamine. Dort kann man die entsprechenden Markenbegriffe anlegen und das Tool wird dann am Tag und vor allem in der Nacht stets im Auge haben, wer welche Anzeigen für den Markenbegriff schaltet. Man kann sich in einem selbstgewählten Rhythmus Reportings zusenden lassen, um stets auf dem aktuellen Stand zu sein. Das Tool identifiziert auch Ad-Hijacker zuverlässig.
Natürlich gibt es noch viele andere Tools, die ähnlich agieren. An dieser Stelle seien noch SEM-Scout.de und natürlich SISTRIX genannt. Welches Werkzeug man letztendlich nutzt, bleibt jedem selbst, bzw. dem Budget überlassen.
Festnahme
Hat man den Betrüger eindeutig identifiziert und die entsprechenden Beweise in petto, so muss man schnellstens handeln, bevor noch mehr Schaden entsteht.
Der erste Schritt ist natürlich das Entfernen des Partners aus dem Partnerprogramm. Das wird in den meisten Fällen ohne Gegenwehr geschehen, weil sich die betroffenen „Partner“ durchaus bewusst darüber sind, dass sie nicht im Sinne der Advertiser handeln. Weiterhin sollten, insofern vorhanden, noch offene Sales im Affiliatenetzwerk storniert werden. Wer solch ein Schindluder treibt, dem gebührt auch keine Provision.
Sind diese Schritte getätigt, so kann die Akte vorrübergehend geschlossen werden.
Fazit
Man muss versuchen, diesen „Partnern“ frühzeitig aus dem Weg zu gehen. Dazu empfiehlt es sich, den Auto Accept im Partnerprogramm auszuschalten und jeden Partner vor Beitritt zu prüfen, sein Partnerprogramm stets im Blick zu haben, bei ungewöhnlich hohem Traffic oder vielen Sales nach Hintergründen zu recherchieren, großen Umsatzsprüngen im Affiliate-Kanal stets kritisch gegenüberzustehen und bei Indizien schnell zu handeln. In Anbetracht der wirtschaftlichen Schäden, die durch Brand Bidding entstehen können, sollte man diesem Problem auch die entsprechende Aufmerksamkeit zumessen.
Eine beliebte Form der Überführung ist es übrigens, einfach auf die verdächtige Anzeige zu klicken, und anschließend eine übergroße Bestellung aufzugeben. Wenn man ohne Tools arbeitet kann man so am schnellsten mit einer 10.000 EUR Bestellung das schwarze Schaf finden und hat direkt die Beweise in der Hand.
Hi Tibor,
vielen Dank für den Hinweis. Das ist natürlich auch eine einfache, aber effektive Maßnahme. Um den Aufwand gering zu halten, sollte es aber auch reichen, ein Tracking Tool (wie z.B. Fiddler 2) beim Klick mitlaufen zu lassen. So findet sich dann auch recht schnell der Netzwerk Redirect, dem man dann auch die ID des Affiliates entnehmen kann.