Google setzt den Rotstift an: Das Ende der Whitelabel-Gutschein-Seiten

Google hat diese Woche eine manuelle Maßnahme in Deutschland und Europa ausgerollt, welche Gutschein-Whitelabel-Websites massiv abstraft und fast komplett aus den Suchergebnissen ausschließt (und „komplett“ bedeutet in diesem Fall aus den Top 100). Ganz martialisch wird der neu eingeführte Algorithmus „Site Reputation Abuse“ genannt. In diesem Artikel blicken wir auf die Details zum Thema und geben euch als Affiliate Marketer eine fundierte Einschätzung für eure Arbeit.

„Today is the day“, habe ich mich selber sagen hören. Ich würde mich nicht als Menschen bezeichnen, den es zu reißerischen Headlines oder zum Aufspringen auf Hypetrains hinzieht. Warum mein Team und ich immer noch der Meinung sind, dass diese Woche für die gesamte Affiliate-Branche in Mitteleuropa eine einschneidende war, möchte ich ausführlich erklären.

Jegliche Drittinhalte, die zu Monetarisierungszwecken auf großen Verlagsportalen, wie Focus, BILD und Spiegel eingebunden wurden, sind von Googles Maßnahme betroffen. Dieses System ist über die letzten zehn Jahre massiv gewachsen und hat international dafür gesorgt, dass feste Allianzen zwischen Verlagsgruppen und Gutschein-Partnern gewachsen sind. Eine ausführliche und grundlegende Erklärung lässt sich hier auf unserem Blog finden.

Wie sehen die Auswirkungen genau aus?

Diese aktuelle Entwicklung hat sich tatsächlich lange angekündigt. Google waren die Kooperationen seither ein Dorn im Auge, da Gutschein-Codes zunehmend in den SERP-Ergebnissen selbst gefunden werden sollen. SEOs in allen Ländern schnalzen gerade auch eher mit der Zunge und begrüßen die Änderung (mehr dazu weiter unten). Wir haben im letzten Mai die Änderungen schon im Hinblick auf den internationalen Kontext mitverfolgt und beschrieben.

Nach den USA, UK, Asien und Australien ist Europa die letzte Weltregion, die es nun betrifft. Wir sind also nicht überrascht und auch die entsprechenden Partner konnten sich lange darauf vorbereiten. Wen betrifft es denn jetzt aber in erster Instanz?

Das sind die großen Incentive- und Gutscheinseiten dieses Landes. Die Global Savings Group (ehemals abgekürzt “gsg”, frisch umbenannt in “atolls”), Checkout Charlie und die Webgears-Gruppe, um nur einige der größten zu nennen. Diese Unternehmen haben sich in den letzten Jahr(-zehnten) zu den größten Playern in Deutschland und Europa entwickelt. Sie hatten das Gutschein-Game zuletzt zu einem Löwenanteil dominiert. Klassische Gutschein-Seiten wie coupons.de hatten unter dieser Allianzmacht aus Verlagen und Gutscheinpartnern ziemlich zu kämpfen. Das hatte zum Resultat, dass sich schließlich nahezu alle Gutschein-Publisher einen oder mehrere Verlage zur Kooperation gesucht haben.

Ein Sistrix-Screenshot zeigt hier exemplarisch den Absturz im Sichtbarkeitsindex von gutscheine.focus.de, einem der Whitelabels von atolls. Der Sichtbarkeitsindex bündelt, einfach gesagt, Metriken wie die Keywordanzahl, Rankings, Suchvolumen und Wettbewerb in einer Zahl und stellt damit dar, wie „sichtbar“ eine Domain in den organischen Suchergebnissen von Google – den „SERPs“ bzw. Search Engine Result Pages – ist. Hier sehen wir einen langjährigen Verlauf über die Jahre – zu beachten ist ganz rechts im Screenshot der Einsturz innerhalb der letzten beiden Tage.

Absturz von gutscheine.focus.de im Sichtbarkeitsindex auf Sistrix als Beispiel

Weitere Verlierer des Updates sind die Whitelabels:

Eine gute Übersicht bietet dieser Blog-Artikel oder die Übersicht von coupons.de.

Einige Verlierer sind auch im Screenshot des Sistrix-CEOs Johannes Beus zu sehen.

Wer profitiert?

Wie es aussieht, sind es unter anderem die generischen Gutschein-Seiten, die wieder in den SERPs emporsteigen, einfach dadurch, dass sie freiwerdende Plätze übernehmen:

Das Stern.de-Gutscheinportal scheint bisher eine Ausnahme zu bilden und wurde noch nicht abgestraft:

„Die haben ihre Gutscheininhalte vor einiger Zeit klug in einzelne, bereits bestehende Verzeichnisse auf stern.de ausgelagert und ranken weiterhin zu den entsprechenden Suchanfragen (z. B. laufen die Gutscheinseiten von Douglas oder Guess unter stern.de/lifestyle).“

Thomas Süß, SEO und Business Development Manager bei coupons.de auf LinkedIn

Darüber hinaus werden insbesondere Advertiser-eigene Unterseiten in die Google-Top-Ergebnisse gespült. Seiten, auf denen eine Übersicht über die eigenen Gutscheine on-site oder Geschenkgutscheine gegeben wird, fallen vermehrt auf und gewinnen.

Im Screenshot gut zu sehen: Die „Gewinner“ des Updates am Beispiel des Advertisers SportScheck in der Keyword-Kombination „SportScheck Gutschein“, also die Gutschein-Subdomain von mydealz.de (atolls), die generischen Seiten sparwelt.de (Checkout Charlie) und coupons.de sowie die Stern.de-subdomain. Außerdem steht ein Advertiser-Ergebnis mit der Übersichtsseite der eigenen Geschenkgutscheine und Aktionen auf der ersten Suchposition.

An der Aufzählung ist sofort ersichtlich: die Big Player haben sich natürlich auf dieses Update vorbereiten können. International war das Ganze ab spätestens Mai 2024 absehbar. 

Die großen Gutschein-Publisher sind international tätig und haben Learnings direkt auf den wichtigen europäischen Markt adaptiert. In den Gewinnern sehen wir direkt die Mydealz-Gutschein-Seite. Sie wird von Atolls betrieben, die wiederum größte Verluste bei seinen Whitelabels gutscheine.focus.de und weiteren hinnehmen musste. Dahinter steckt irgendwo Reaktion auf Google, aber vielleicht sogar eine größere Taktik?

Thomas Punzel, Director Account Management DE bei Atolls, schreibt dazu in einer Rundmail an Advertiser und Agenturen:

„Die engagierte Unterstützung unserer Medienpartner war maßgeblich für den gemeinsamen Erfolg in den letzten Jahren, und wir sind bestrebt, diese Partnerschaften auch in Zukunft zu pflegen. Dennoch befinden wir uns in der glücklichen Lage, hier in Deutschland über eine vielfältige Produktpalette zu verfügen, so dass die meisten unserer Produkte von der Google-Aktualisierung völlig unberührt bleiben.“

Grundsätzlich gilt: alle Portale haben historisch eine Gutschein-Ursprungsseite, auf diese können sie sich jeweils zurückziehen. Das gilt auch für sparwelt.de und gutscheinsammler.de, die eben auch die Betreiber der größten Whitelabel-Subdomains auf Verlagsseiten waren. Diejenigen, die auf diesen Portalen fortwährend für redaktionelle Inhalte gesorgt haben, sind nun im Vorteil. Eine Strategie, die sich jetzt auszuzahlen scheint.

„Unsere Strategie war aber auch schon immer Qualität, Nutzen für den Endkunden, jeder Code wird von unserer großen Redaktion händisch geprüft, bevor er veröffentlicht wird usw. Wir begrüßen diese Maßnahmen natürlich.“

Torsten Latussek, CEO von coupons.de

Eine Strategie, die sich jetzt auszuzahlen scheint. Ich lasse mich hinreißen zum Satz: Ich höre die Sektkorken in der sächsischen Nachbarstadt knallen bis nach Leipzig.

Was sagen die SEOs?

Unsere Kolleg*innen aus dem SEO Team waren erst skeptisch und zurückhaltend, ob hier wirklich so eine große Entwicklung passiert. Die Sistrix-Auswertungen von Mittwoch und Donnerstag bringen aber die Gewissheit. Die manuelle Maßnahme hat hier sehr stark in die SERPs eingegriffen.

Insgesamt hat es den Anschein, dass viel Zufriedenheit mit der Google-Maßnahme herrscht, da der Zugriff auf die Verlagsseite immer als vermeintlicher Trick gesehen wurde. Ein sehr erfolgreicher, da beide Seiten profitierten. Die Verlage kämpften und kämpfen mit sinkenden Einnahmen in Zeiten von kostenlosem Online Content. Sie hatten damit eine effiziente Monetarisierungsmöglichkeit der Inhalte. Gutschein-Publisher kamen wiederum in den Genuss der erhöhten Reichweite und Autorität der Medienverlage. Durch die Kraft der Domain des Medienverlags rankte die Subdomain bzw. das Unterverzeichnis eben immer vortrefflich. Die Zusammenarbeit wurde dadurch sehr eng gepflegt – und der Begriff „Allianz“ hier sehr häufig verwendet.

Unter den LinkedIn-Beiträgen von Torsten Latussek und Johannes Beus äußern zahlreiche bekannte SEOs ihre Meinung und Freude. Ich zitiere Christian B. Schmidt: „Wurde auch Zeit.“

Unser Fazit

Das ist ein Riesending für unsere Branche! Publisher-Umsätze verlagern sich in den Partnerprogrammen gerade komplett und shiften zwischen Publishern. Wir rechnen nicht mit Einbrüchen, aber mit Verschiebungen (siehe: wer ist betroffen – wer profitiert). Die großen internationalen Publisher waren vorbereitet, sie hatten das Thema im englischsprachigen Raum im letzten Jahr durch und haben Action-Pläne vorbereitet.

Für Programm-Betreiber*innen ist es jetzt extrem wichtig, zu reagieren und auf die richtigen Pferde zu setzen. Mehr denn je ist das Hinterfragen der eigenen Strategie des Partnerprogramms jetzt wichtig, um zu evaluieren, wie mögliche Einbußen bspw. durch eine nachhaltige Gutscheinstrategie abgefedert werden können.

Langfristig könnten auch generische Gutscheinseiten vor neue Probleme gestellt werden. In den USA zeigt Google direkt Gutscheincodes in den SERPs an. Google stärkt damit die Shops und spielt primär deren Gutscheine direkt mit aus. Und eine weitere kleine Prognose für die Zukunft: das wird nicht der letzte manuelle Eingriff von Google gewesen sein. Ein ähnliches Vorgehen erwarten wir beim Umgang mit komplett von KI erstellten Seiten.

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