Leistungsmessung im Affiliate Marketing – Interview mit André Koegler

Leistungsmessung im Affiliate Marketing – darüber ließen sich zur Zeit Romane schreiben. Dank Cookie-Problematik und Datenschutzrichtlinien wird es immer schwieriger, belastbare Daten als Abrechnungsgrundlage zu erheben und dann auch noch korrekt zu attribuieren. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat gerade ein Kompendium zum Thema veröffentlicht und versucht u. a. die Frage zu beantworten, warum Shop-BetreiberInnen und Werbetreibende gerade jetzt besondere Aufmerksamkeit auf das Thema richten sollten, um nicht erhebliche Umsatzeinbußen zu riskieren. Wir haben uns dazu mit André Koegler, dem Vorsitzenden der Fokusgruppe Affiliate Marketing des BVDW, unterhalten.

Hallo André, man kennt dich als Vorsitzenden der Fokusgruppe Affiliate Marketing des BVDW und als „alten Hasen“ in der Affiliate Branche – u. a. von The Reach Group und der easy.MARKETING. Was magst du darüber hinaus ergänzen, woran arbeitest du aktuell?

Woran „alte Hasen“ so arbeiten. Am liebsten geben sie aus ihrem reichen Erfahrungsschatz weiter. So habe ich mich in den letzten Monaten diversen Beratungsprojekten gewidmet. Im Augenblick bereite ich mich auf eine größere Herausforderung vor. Dazu gibt es zeitnah mehr Details. Nur so viel: Wer mich kennt, der weiß, ich liebe die Branche und komme einfach nicht von ihr los (lacht).

André Koegler, Vorsitzender der Fokusgruppe Affiliate Marketing des BVDW

Im Ernst, Du hattest bereits mein Engagement im BVDW erwähnt. Ich bin seinerzeit im Vorsitz der Fokusgruppe Affiliate Marketing angetreten, um frischen Wind hineinzubringen und Positives, gerade für unseren Teil des Online Marketings, zu bewirken. Diesem Anspruch will ich weiterhin gerecht werden.

Unser letzter gemeinsamer Erfolg der Fokusgruppe war die Veröffentlichung des Kompendiums „Leistungsmessung im Affiliate Marketing“. Eine großartige Gemeinschaftsarbeit vieler heller Köpfe, die all ihr technisches Know how in die Waagschale geworfen haben. Nun muss es darum gehen, das zusammengetragene Wissen bekanntzumachen und zu präsentieren. Hier komme ich ins Spiel und Interviews wie dieses. Daher vielen Dank für die Einladung und für diese Plattform.

Was ist die Intention hinter dem vorgestellten Kompendium „Leistungsmessung im Affiliate Marketing“?

Ich erzähle sicher nichts Neues, wenn ich sage, dass sich gerade vieles im Umbruch befindet. Online Marketing zu betreiben, gestaltet sich immer komplexer. Neben klassischen Marketingaspekten rücken auch rechtliche und technische Herausforderungen immer mehr in den Fokus.

So haben uns verschiedene Gesetze, Verordnungen, Gerichtsurteile und Richtlinien in den letzten Jahren beschäftigt. Nicht zuletzt das TTDSG, welches seit 1. Dezember 2021 die Einwilligung des Nutzers vor dem Setzen eines Cookies fordert. Zu den rechtlichen Aspekten und Auswirkungen auf unsere Branche haben wir bereits im Dezember 2021 einen entsprechenden Leitfaden veröffentlicht.

Da war es nun mehr als konsequent, auch die technischen Herausforderungen näher zu beleuchten. Spätestens mit dem Wegfall der 3rd Party Cookies, welchen Google als einer der relevantesten Player im Markt für 2023 angekündigt hat, brauchen wir im Affiliate Marketing alternative Möglichkeiten, wie wir die Messung der Werbeleistungen unserer Partner gewährleisten können.

Das Kompendium nutzten wir, um diese Alternativen vorzustellen. Wichtig war uns dabei aber vor allem, uns auf einen einheitlichen Sprachgebrauch zu verständigen. Da alle Affiliate-Marketing-Parteien (Advertiser, Agenturen, Netzwerke und Publisher) von den Entwicklungen in irgendeiner Form betroffen sind, braucht es ein gemeinsames Vokabular zur Kommunikation.

Welche Risiken bestehen, wenn die Entwicklungen ignoriert werden?

Bei den rechtlichen Fragen liegt es auf der Hand. Im Zweifelsfall macht man sich bei Zuwiderhandlungen oder Unachtsamkeiten rechtlich angreifbar.

Bezüglich der technischen Herausforderungen galt im Affiliate Marketing schon immer: Eine erfolgreiche Partnerbeziehung lebt von der stabilen und korrekten Leistungsmessung. Auch das ist nichts Neues. Werden nun die Prozesse der Werbetreibenden nicht angepasst oder optimiert, trägt zunächst der Publisher kurzfristig ein Risiko von Umsatzeinbußen. Langfristig ist aber auch der Werbetreibende betroffen. Unzufriedene Publisher wenden sich ab und gegebenenfalls anderen Werbetreibenden zu. Ein verlorener Partner bedeutet verlorene Reichweite, bedeutet entgangener Umsatz. Für alle Seiten also mehr als unschön.

Was sollten Online-Shops einerseits und Publisher andererseits jetzt konkret tun? Was sind deine Empfehlungen? Was ist der „neue“ Performance-Measurement-Standard?

Das rechtliche Risiko minimiert man, indem man spätestens jetzt den Consent, also die Einwilligung des Users, einholt, bevor Cookies gesetzt werden. Hierbei kann einiges unternommen werden, um eine möglichst hohe Consent Conversion zu erzielen.

Bezüglich der Leistungsmessung sollten Werbetreibende auf die Messung mit 1st Party Cookies umstellen und diese bestenfalls noch durch eine API-basierte Server-to-server-Transaktionsübergabe ergänzen.

Publisher ihrerseits sollten die Prozesse ihrer Advertiser hinterfragen, mit ihnen ins Gespräch gehen und entsprechenden Druck ausüben.

Was wird die Zukunft bringen? Welche Entwicklungen siehst du als nächstes auf uns zukommen?

Que sera, sera … Was genau die Zukunft bringt, kann ich natürlich auch nicht sagen. Fakt ist jedoch, dass die rechtlichen Anforderungen noch nicht das Ende erreicht haben. Stichwort: ePrivacy oder Data Services Act. Beides sind Regularien, die sich noch in Arbeit bzw. und in der Ausformulierung befinden. Auch wenn wir nicht genau wissen, welche Schärfe die Politik in die Forderungen bringen wird, steht auf jeden Fall fest, dass unsere Branche davon beeinflusst werden wird.

Auch bezüglich der technischen Entwicklungen stehen wir weiterhin unter dem Einfluss anderer Marktteilnehmer. So bleibt abzuwarten, inwiefern die Browser oder andere Anbieter alternative Methoden, die wir für die Leistungsmessung verwenden können, bereitstellen. Besonderes Augenmerk liegt dabei sicherlich auf Google als größtem Player. Es bleibt in jedem Fall sehr spannend.

Warum ist es sinnvoll, dass wir nicht mehr vom Tracking im Allgemeinen sprechen, sondern von Performance Measurement oder auf deutsch Leistungsmessung?

Datenschutz und Browser-Regulierungen zwingen uns, unsere technischen Verfahren zu überprüfen und anzupassen. Doch leider müssen wir befürchten, dass es mit den Umstellungen, die wir im Kompendium zur Leistungsmessung im Affiliate Marketing beschrieben haben, noch nicht erledigt ist.

Das Thema Datenschutz wird uns auch in den kommenden Jahren weiter begleiten. Man könnte fast sagen, bisher sind wir noch mit einem blauen Auge davongekommen. Immer wieder werden Forderungen in der Politik und im Datenschutz laut, das „Tracking“ vollständig einzuschränken und in Teilen zu verbieten. Was jedoch in diesem Kontext mit „Tracking“ gemeint ist, hat nichts mit der Leistungsmessung im Affiliate und Partner Marketing zu tun.

Mit „Tracking“ wird dort in der Regel das Nachverfolgen der Nutzer und ihrer Aktivitäten verstanden, um Profile aufzubauen und gezielt Angebote zu unterbreiten. Das wird im Affiliate Marketing nicht getan, wenn es darum geht, Publisher für ihre Leistungen zu vergüten.

Um die Thematiken abzugrenzen und differenziert zu betrachten, haben wir in der Fokusgruppe Affiliate Marketing entschieden, das Wort „Tracking“ in unserem Sprachgebrauch gänzlich zu vermeiden und stattdessen den Begriff „Leistungsmessung“ oder „Performance Measurement“ zu nutzen. Und rufen dazu auf, dies aufzugreifen und auch an Eure Geschäftsleitungen, Mitarbeiter und Marketingverantwortlichen zu kommunizieren.

André Koegler ist Vorsitzender der Fokusgruppe Affiliate Marketing im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Als Berater, Referent und Fachautor unterstützt er Werbetreibende, Publisher und Agenturen mit mehr als 20 Jahren Expertise im Performance- und Affiliate-Marketing. Vor seiner aktuellen Position war er unter anderem als Performance Consultant bei easy Marketing, Managing Partner und VP Product & Technology bei The Reach Group (TRG) und als Geschäftsführer des Performance-Marketing-Anbieters ad-cons tätig.

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