Retargeting im Affiliate: Vor- und Nachteile

Was „Nicht-Onliner“ und Datenschützer als beängstigend oder auch bedrohend empfinden, was den ein oder anderen nervt, aber was auch ein guter Booster für den eigenen Umsatz sein kann, ist eigentlich gar kein Teufelswerk.
Die Funktionsweise von Retargeting im Kurzabriss:

Wie man sieht, werden im Shop also Nutzerdaten erfasst. Mit Hilfe dieser Daten werden dem Nutzer dann Werbebanner mit angesehenen Produkten oder anderen Werbeeinblendungen auf „fremden“ Webseiten oder Plattformen ausgeliefert. Um den Nutzer nicht zu stark zu penetrieren, wird hier ein Capping festgelegt, welches regelt, wie oft ein Nutzer in einem bestimmten Zeitraum eine Werbeeinblendung sehen darf.
Um den größtmöglichen Erfolg zu garantieren, optimieren sich die Systeme der Anbieter selbst. So kann zum Beispiel die Frequenz oder auch der Ort der Ausspielung verändert werden. Wenn die Ausspielung der Werbemittel auf einer bestimmten Plattform nicht gut konvertiert, so wird die Seite aus dem Portfolio entfernt. Um einen Einblick zu erhalten, welcher Retargeting-Anbieter welche Webseiten/Plattformen im Portfolio hat, genügt zumeist eine direkt Anfrage.

Arten von Retargeting

Zuerst einmal sollen die verschiedenen Arten des Retargetings vorgestellt und verglichen werden. Dazu werden verschiedenen Kriterien als Schlüssel für die Gegenüberstellung genutzt.

Nach „Werbeform“

Die Werbeform ist das offensichtlichste Merkmal, wenn man Arten von Retargeting-Methoden unterscheiden möchte. Die geläufigsten Arten sind an dieser Stelle das Banner-Retargeting, bei dem der Nutzer auf Webseiten Werbeanzeigen von Produkten, Kategorien oder (im einfachsten Fall) des Shops sieht. Diese Art des Retargetings ist auch für Nicht-Onliner die unheimlichste Form. Das bekommt man im eigenen Bekanntenkreis mit, wenn die Frage auftaucht: „Wo haben die meine Daten her?“. Um Nutzer nicht zu sehr zu verunsichern oder zu nerven, werden im Allgemeinen Cappings eingestellt. Beispielsweise könnte die Ausspielung der Werbebanner auf 2 Kontakte pro Tag pro Nutzer begrenzt sein.
Eine weitere Form ist das Email-Retargeting. Bei dieser Form des Retargetings muss die Emailadresse des Nutzers bekannt sein. Liegt dieser Fall vor, so bekommt der Surfer, nachdem er den Shop besucht hat, eine Email in der z.B. der (verworfene) Warenkorb des vergangenen Besuches dargestellt wird. Natürlich kann man auch Produkte empfehlen oder Hilfe bei der Produktauswahl anbieten.
Das Social-Retargeting beschränkt sich auf Werbeausspielungen in Social-Media-Portalen wie Facebook. Die grundlegende (sichtbare) Funktionsweise unterscheidet sich nicht wesentlich von der des Banner-Retargetings. Lediglich die angezeigten Werbe-Einspielungen haben andere Formate und ggf. teilweise vorgegebene Inhalte. Im Hintergrund ist die technische Anbindung aber doch wesentlich komplexer.
Echtzeitansprache der Nutzer via Overlays beim Verlassen der Webseite. Es ist schwer zu sagen, ob diese Methode tatsächlich dem Retargeting zuzurechnen ist. Will der Nutzer die Webpräsenz verlassen, so wird er über ein Popup-Fenster zum bleiben gebeten oder Ihm Hilfe angeboten. Die Gestaltung des Popups kann je nach Zweck gewählt werden.

Nach Trackingbasis

Mit Trackingbasis bezeichne ich hier das auslösende Ereignis, wann der Nutzer mit einem Cookie markiert wird.
Zum einen kann der Cookie gesetzt werden, wenn der Banner ausgespielt wird, dies ist dann ein View-Cookie. Das Tracking basiert hier auf also auf Post View. Hier sollte sichergestellt werden, dass der Cookie erst gesetzt wird, wenn sich der Banner auch im Sichtfeld des Nutzers befindet. Einen Cookie zu setzen, wenn der Banner am Ende der Seite ausgespielt wird, wo der Nutzer nie hinscrollt, macht keinen Sinn.
Weiterhin gibt es die (für den Merchant) weniger risikoreiche Post-Click Variante, bei der -wie der Name schon sagt- erst beim Klick auf das Werbemittel ein Cookie gesetzt wird. Somit geht man sicher, dass der Nutzer die Einblendung tatsächlich wahrgenommen hat und durch den Banner motiviert zurück zum Shop gekommen ist.

Nach Kontaktpunkt in der Customer Journey

Auch nach der Stellung des Retargetings im Customer Buying Cycle kann man die Arten des Retargetings clustern.
Hat der Nutzer bereits ein begründetes Interesse an einem oder mehreren Produkten gezeigt? Dies äußert sich z.B. darin, dass der User bereits Artikel in seinen Warenkorb eingefügt hat. Auch wenn noch kein konkretes Interesse gezeigt wurde, kann man noch unterscheiden, wie stark die Lust zum Kauf ist. War der Nutzer bspw. sehr lang auf der Webseite oder gar bei einem Produkt, so ist die „Distanz“ zum Kaufabschluss geringer, als wenn er die Seite nur kurz besucht hat. Weiterhin kann man von einem größeren Interesse sprechen, wenn sich der Nutzer viele gleichartige Produkte (z.B. verschiedener Marken) angesehen hat.
Am besten konvertiert natürlich der Nutzer, der besonders nah am Kaufabschluss ist. Dabei geht es um jene Nutzer, die bereits Artikel im Warenkorb haben und im besten Falle sogar schon die entsprechenden Kontakt-Formulare ausgefüllt haben. Hier bietet es sich an, bei vorhandener Email-Adresse eine Retargeting-Mail zu versenden. Sollte noch keine Email Adresse eingegeben worden sein, so kann man den Nutzer z.B. mit einem Popup-Fenster auf der Seite behalten, wenn sich ein Kaufabbruch andeutet.
Nutzer, welche sich noch im Recherche-Prozess befinden, erreicht man am besten durch Banner-Retargeting. Denn so kann man sicherstellen, dass der Nutzer auch auf anderen Webseiten, welche wohlmögliche interessante Inhalte zum Produkt enthalten, stetig mit den eigenen Produkten konfrontiert wird. Somit entsteht auch ein Branding-Effekt, welcher am Ende das Zünglein an der Waage sein kann.

Nach Abrechnungsmodellen

Wie auch bei anderen Affiliatemodellen können Retargeting-Anbieter verschieden vergütet werden. Hier finden die üblichen Arten Cost per Order (Bezahlung pro Bestellung, prozentual oder absolut), Cost per Click oder Cost per Impression Anwendung. Man muss hier vorsichtig sein und sich für die richtige Variante entscheiden. Bei einem Cost per View Modell können z.B. schnell hohe Kosten entstehen, wobei der Erfolg am Anfang noch abzuwarten bleibt. Je nach Abrechnungsmodell liegt das Risiko eher beim Publisher (CPO) oder beim Advertiser (CPC, CPI, CPL, …)

Technische Einbindung

Sicherlich kann man mit ausreichend Ressourcen selbst ein Retargeting-System implementieren. In den meisten Fällen sollte man sich aber auf professionelle Anbieter und deren Expertise verlassen. Mit Hilfe der Erfahrung der Affiliates werden hier selbstoptimierende Systeme zur Verfügung gestellt, welche maximalen Erfolg versprechen. Die Einbindung kann dann auf 2 verschiedene Weisen von Statten gehen:

Direkteinbindung:

Bei dieser Art liefert der Retargeting-Anbieter Codesnippets, welches auf den entsprechenden Unterseiten eingebunden werden muss. In den meisten Fällen gibt es verschiedene Snippets für Startseite, Kategorie- und Produktseiten. Auf der Bestellbestätigungsseite muss zudem ein gesonderter Pixel eingebunden werden, der dem Retargeting-Anbieter (Affiliate) übermittelt, wenn ein Nutzer gekauft hat und damit nicht mehr (oder anders) umworben werden muss.
Über die Codesnippets werden Daten zum Verhalten des Nutzers übermittelt. Beispielsweise spielt hier generell der Inhalt der Unterseite, welche sich der Nutzer angesehen hat, eine wesentliche Rolle. Speziell für diese Information muss sichergestellt sein, dass alle Produkte im Shop auch im Datenfeed hinterlegt sind. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Nutzer auch die passenden Produkte angezeigt bekommt.

Einbindung über Container-Tags

Fast alle Affiliate-Netzwerke bieten mittlerweile Containertags an. Einmal im Shop integriert, können mit deren Hilfe Retargeting-Anbieter ganz einfach integriert werden und die notwendigen Daten von der Webseite beziehen. Da man bei dieser Variante nicht jeden Affiliate einzeln anbinden muss, sondern mehrere Partner nach Zustimmung und Einrichtung durch das Netzwerk auf die Daten zugreifen können, ist man hier weitaus flexibler. Diese Variante der technischen Anbindung ist also empfehlenswerter als die Direkteinbindung.

Wann macht Retargeting Sinn?

Hier trifft keine pauschale Antwort zu. Es gibt allerdings Kriterien, welche für oder gegen das Werbemodell sprechen.

Eigene Ziele

Entsprechend der eigenen Ziele kann man entscheiden, ob Retargeting das beste Instrument ist. Natürlich ist das Hauptziel in den meisten Fällen „Umsatz“. Aber auch die Steigerung der Brand-Awareness kann ein sinnvolles Ziel für den Einsatz von Retargeting sein. Da der Nutzer stetig mit den Produkten bzw. der Marke konfrontiert wird, verfestigt sich die Wahrnehmung gegenüber der Marke. So eine Bewerbung muss nicht zwangsweise in einer direkten Conversion enden, sondern kann auch später für Umsatz sorgen, wenn der Nutzer sich an die Marke erinnert.

Kurzfristigkeit der Maßnahmen

Insofern die Maßnahmen erfolgreich sind, kann ein Retargeting-Partner im Programm relativ kurzfristig für einen Umsatz-Anstieg sorgen. Die Zusammenarbeit kann in wenigen Tagen starten, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings sollte ein entsprechender Puffer für das Markieren der Nutzer eingeräumt werden, schließlich muss der Retargeting Publisher erst einmal wissen, welche Nutzer er überhaupt bespielen soll.

Größe der eigenen Marke

Hier muss man nicht unbedingt abwägen, ob Retargeting Sinn macht, sondern eher welche Art von Retargeting Sinn macht. So ist es bei größeren bekannten Marken eher wenig ratsam, ein Retargeting auf View-Basis zu machen. Wenn man in einem bestimmten Gebiet eine umfassende Marktabdeckung hat, so ist es sehr wahrscheinlich, dass Nutzer bei Ihrer Recherche mehrfach die eigene Webseite besuchen. Ist nun eine Vergütung auf View-Basis vereinbart, oder wird beim View ein Cookie gesetzt, so kann es hier schnell teuer werden.
Bei kleineren Marken bzw. geringerer Marktabdeckung ist der Einsatz von Retargeting noch sinnvoller, da der recherchierende Nutzer mit geringerer Wahrscheinlichkeit wieder zurück zum Shop kommt und somit gelegentlich daran erinnert wird.

Fazit

Retargeting ist also kein Teufelswerk. Auch wenn im Artikel keine technischen Details besprochen wurden, sollte es dem ein oder anderen nun leichter fallen, einzuschätzen, ob in seiner Situtation die Anbindung eines der zahlreichen Publishers Sinn macht.
Rechtliche Bedenken können meist schnell ausgeräumt werden. Auch hier ist der schnellste Weg die direkte Kontaktaufnahme mit dem Publisher. Oftmals liegen bereits anwaltlich geprüfte Erklärungen zum Datenschutz vor.

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Daniel’s OM-Rückblick KW38 - Kolumne24.de | Kolumne24.de
vor 10 Jahren

[…] hingegen befasst sich diesmal mit mehr Basics zum Thema Retargeting. Sie listen schön säuberlich aller Vor- und Nachteile auf. Kund um das dem Kunden […]

Denis
Denis
vor 10 Jahren

Retargeting macht durchaus Sinn, effektiver meiner Meinung nach jedoch ausschließlich für den Vendor/Anbieter.

Martin
Martin
vor 10 Jahren

Retargeting scheidet wirklich die Geister. Für Werbetreibende sich Umsatzerhöhend aber ich höre sehr oft von Leuten Sätze wie „Die Firma verfolgt mich auf jede Seite“ für das Image ist das sicher nicht fördernd.

Tobias
Tobias
vor 9 Jahren

Hi,
ich habe ein Plugin für WordPress das leider nicht funktioniert?
Kennt vielleicht jemand ein Plugin mit dem ich Retargeting betreiben kann für Seiten die nicht mir gehören?
Also für Affiliate Marketing zum Beispiel!
LG
Tobias

Chris
Chris
vor 7 Jahren

Hey,
bin zufällig auf den Artikel gestoßen, obwohl er schon etwas älter ist. Finde das Thema aber immer noch sehr aktuell und Remarketing ist präsenter denn je. Wollte wissen, ob du deinen Artikel mal ein Update verpasst? 🙂

Karl
Karl
vor 2 Jahren

„Allerdings sollte ein entsprechender Puffer für das Markieren der Nutzer eingeräumt werden“