Liebe laut! – Recap zur re:publica 2017

Jahrelang stand das Akronym „LOL“ für zwei Bedeutungen im Internet – „laugh out loud“ oder „League of Legends“. Fragt man die Netzgemeinde nach der re:publica 2017 nach dem Akronym, dürfte ein weitere Begriff auf der Liste landen: Love out loud. Ecki und Fabian berichten von drei Tagen voller Liebe, Erkenntnis und spannender Talks.
re:publica 17 Love out loud
Man suchte einiges auf der re:publica: freie Plätze bei den Keynotes, Entscheidungen bei der Auswahl paralleler Sessions oder kurze Warteschlangen bei Kaffee-Ständen. Was man hingegen nicht suchte, waren die großen Lettern „LOL“. Love out Loud, das Motto der 11. re:publica, orientierte sich an dem zu beobachtenden Anstieg an Hatespeech und Propaganda während der letzten Monate im Internet. Traditionell verfolgt die Programmgestaltung der re:publica den Besuchern eine Botschaft zu vermitteln – dieses Mal waren es vorrangig verschiedene Lösungsansätze und Erklärungsversuche hinsichtlich der Hasskommentare und „Fake News“.
Über 1100 Personen standen während der dreitägigen Veranstaltung auf mehr als 20 Bühnen, mit einer weiblichen Speaker Quote von 49% – eine organisatorische Meisterleistung.  Die größte Herausforderung bestand für die Besucher somit vorrangig darin die Rosinen aus der Masse an Talks herauszupicken. Sollte eine Session unter der Vielzahl an alternativen Angeboten während der Konferenz untergangen sein, lassen sich bereits jetzt schon einige auf YouTube nachträglich ansehen.

„Language is never innocent“

Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Neuroforscherin und Linguistin Elisabeth Wehling für ihren Vortrag „Die Macht der Sprachbilder“. Mit Hilfe wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse zeigte sie auf, wie allein durch den Einsatz gewisser Formulierungen Meinungen gebildet werden. Diese Umstände werden wesentlich von politischen Parteien eingesetzt um bestimmte Stimmungen zu verursachen.

 

„Wir haben Polizei!“

Ob Lebensmittel einkaufen, Urlaub buchen, arbeiten oder Freizeit verbringen – die Digitalisierung hat umfänglichen Einzug in den Alltag der Gesellschaft gehalten, aber ist das wirklich so? Noch immer befinden sich weiße Flecke auf der Digital-Landkarte in Deutschland. Besonderes Aufholpotential sieht der Kriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger bei der Polizeiarbeit im Internet. Er vermisst vor allem die Präsenz der Polizei im Netz, sei es in Facebook-Gruppen, Kommentarspalten, Threads oder WhatsApp. Zudem thematisierte er mit Hasskommentaren in Gaming Apps ein Phänomen, welches der weiten Öffentlichkeit als unbekannt gelten dürfte.

 

It’s all about VR

Zeigte sich 2016 noch Snapchat als das große Randthema auf der re:publica, nahm Virtual Reality diesen Platz 2017 ein. Zwar wurde VR bereits in den Jahren zuvor stets thematisiert, nur präsentierte es sich bei weitem nicht dermaßen prominent in den Sessions wie in diesem Jahr. Was besonders auffiel: neben den zahlreichen Talks erschien auch das Angebot von verschiedenen Ausstelllern deutlich umfangreicher (u.a. das ZDF und der WDR machten hier besonders auf sich aufmerksam) als in den Jahren zuvor, inklusive einer VR Kunstausstellung! Was soll man dazu noch sagen?
Die Maus mit VR Brille

Was bleibt?

Am Ende stellt sich nach so einer Veranstaltung immer die Frage, was nimmt man mit? Nicht nur für einen selbst, sondern auch für uns als Organisation. Auf den üblichen Branchenveranstaltungen ist dies meist offensichtlich, hier ein neues Feature oder dort ein neuer Prozess. Ein Erlebnis wie die re:publica lässt einen dagegen vor allem darüber nachdenken, wie man sich in seiner digitalen Arbeit versteht und welche Werte man in der Netzgemeinde vertreten möchte – ob nun als einzelner oder eben als Unternehmen.
Zwar ist unsere tägliche Kundenarbeit nur ein Bruchteil dessen, was den weiten Raum des Netzes ausmacht, dennoch gestalten wir die Online-Welt hier aktiv mit und tragen Verantwortung.  Gleichzeitig sind wir von der Netzkultur und der digitalen Gesellschaft beinahe abhängig. Wir sind eben ein Teil von ihr. Sei es nun eine neue EU-Datenschutz-Grundverordnung oder ein Hoax der zum Shitstorm führt – die digitale Gesellschaft ist der Raum in dem wir uns bewegen. Deshalb ist es so wichtig, nicht nur einen Blick auf die branchenspezifischen Entwicklungen zu haben, sondern auch zu schauen, was passiert momentan im Web? Welche Trends gibt es dort? Wie gestaltet sich die digitale Gesellschaft? Wem sollte man zuhören? Wovor sollte man sich in Acht nehmen?
Die re:publica ist dafür eine wichtige Plattform und Veranstaltung. Sie hilft zum Weiterdenken, bietet neue Blickwinkel, lässt auch kritische Stimmen zu Wort kommen und vereint den persönlichen mit dem beruflichen Nutzen. Sie hat vor allem gezeigt, wie wichtig der Austausch und das Engagement der Netzgemeinde ist. Besonders in Zeiten, in denen Menschen für die Äußerung ihrer Meinung Strafverfolgung droht. Dabei ist es egal, aus welcher Branche man nun kommt, ob man als Privatperson oder für ein Unternehmen dort ist. Die re:publica ist eine Pflichtveranstaltung für jeden, der sich für seine Rolle als digitalen Bürger interessiert oder einfach auf dem neuesten Stand zu allem sein möchte, was unsere (digitale) Gesellschaft bewegt.
Natürlich ist es nicht unser täglich Brot als Online Marketing Agentur zu jeglichen Themen der digitalen Gesellschaft Stellung zu beziehen oder jeden Prozess aktiv mitzugestalten. Das können und müssen wir nicht leisten. Doch wir möchten unseren Part in der digitalen Gesellschaft ernst nehmen und die damit einhergehende Verantwortung tragen. Und wir würden uns wünschen, wenn dieses Bewusstsein auch noch stärker in unserer Branche Einzug hält.

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