SEA-Anzeigen schreiben, die jedem den Kopf verdrehen
Im eisernen Griff der Zeichenbegrenzung geben Account Manager jeden Tag alles, wenn es gilt, SEA-Textanzeigen zu verfassen. Drei Headlines, die hoffentlich noch gelesen werden, zwei Descriptions, die ein potenzieller Kunde im besten Falle überfliegt: Muss dafür kreativ getextet werden? Und gibt es sie, die Zauberformel für performante Anzeigentexte?
Textanzeigen als Vermittler der Corporate Identity
SEA-Textanzeigen bevölkern, mittlerweile kaum von organischen Suchergebnissen zu unterscheiden, das Suchnetzwerk von Google und Co. Die Texte bedienen ein breites Qualitätsspektrum und lassen so Rückschlüsse auf das jeweilige Unternehmen zu. Dabei wünschen sich Firmen häufig eine akkurate Google-Präsenz, die ihrer Corporate Identity entspricht. Unsere Anzeigentexte stellen häufig den ersten Berührungspunkt zum Unternehmen dar, auch wenn sie nur überflogen werden. Sie vermitteln auf den ersten Blick, wer hinter einem Angebot steht und welche Vorteile man sich davon versprechen kann. Der Kampf um die oberste Position ist hart – und wir sollten dieses Privileg nicht mit einer platten Formulierung zunichtemachen.
Mit zunehmender Automatisierung vonseiten Google Ads ist texterische Kreativität gefragt. Es ist möglich, Texte mehr oder weniger automatisch erstellen zu lassen, doch auch der Nutzer hat dazugelernt: Abgedroschene und repetitive Phrasen sind nicht mehr zeitgemäß. Vor allem die junge Zielgruppe will individuell und emotional überzeugt werden. Es lohnt sich also, nicht immer wieder in die alte Trickkiste zu greifen und sich einer kreativen Herangehensweise zu öffnen.
Den Kunden, das Unternehmen und das Produkt kennen
Für wen schreibe ich? Wie möchte dieser Kunde angesprochen werden, um sich auch angesprochen zu fühlen? Einige Eckdaten könnt ihr dabei als Anhaltspunkte nutzen:
- Demografie
- Sozio-ökonomischer Status
- Interessen und Hobbys
- Position in der Customer Journey
Folgendes ist in Bezug auf das jeweilige Unternehmen zu bedenken:
- Größe
- Bekanntheitsgrad und Etablierung
- Corporate Identity (Werte, Slogans, Assoziationen)
- Mögliche No-Go-Formulierungen
- Sparte und allgemeines Produktangebot
Besonders zum beworbenen Produkt bzw. der Dienstleistung selbst sollte man sich Gedanken machen:
- Beschaffenheit
- Kosten
- Häufigkeit des Gebrauchs
- Einsatzgebiet
- Rechercheaufwand beim Kauf
Häufig überspringen wir solche Überlegungen, weil es uns an Zeit mangelt. Müssen nur ein paar Texte auf den neuesten Stand gebracht werden, genügt diese Einstellung. Arbeiten wir jedoch das erste Mal mit einem Unternehmen zusammen oder sind für die Performance einer besonders relevanten Kampagne verantwortlich, sollten wir uns die Zeit für Vorüberlegungen nehmen. Danach geht es ans Eingemachte: die Formulierungen. Und zwar mit maximal 90 Zeichen – da wird es schon mal warm unter dem Blazer. Eine Zauberformel bräuchte man!
Die Zauberformel für performante Textanzeigen
Eine solche Formel wollten Allen Finn und das Team von WordStream, einem SaaS- Unternehmen aus Massachusetts, unbedingt finden. Dafür untersuchten sie Daten aus Reports von August 2016 bis April 2017 und schauten sich die besten 15 % ihrer Textanzeigen an, die in dieser Zeit gesehen wurden. Um diese Top-Kandidaten zu finden, hatten sie sowohl Impressionen als auch Klicks und die Click-Through-Rate analysiert. Als Crème de la Crème kristallisierten sich schließlich 612 Anzeigen heraus, davon 335 aus dem Non-Brand-Bereich, deren Bestandteile in einem spannenden Artikel von Finn untersucht wurden.
Die Elemente einer erfolgreichen Anzeige
- Positive Formulierung
Neben einer neutralen oder gar negativen Ansprache, die dem potenziellen Kunden ein schlechtes Gewissen einreden möchte, performten positiv formulierte Ads am besten. Hier fühlt sich der Leser ähnlich freundlich angesprochen wie durch einen netten Mitarbeiter im Kaufhaus.
- Lexikalische Diversität
Wörter wiederholt zu wiederholen bedeutet, unnatürliche Wiederholungen zu produzieren. Keyword-Stuffing ist nicht mehr zeitgemäß – es gibt dem Leser das Gefühl, nicht als Individuum angesprochen zu werden. Stattdessen entsteht der Eindruck, als stünde hinter der Anzeige möglicherweise kein menschlicher Texter, was die Vertrauensbasis beeinträchtigt.
- Ausrufungszeichen
Ja, na klar! Das ist eine Aufforderung! Da hört man direkt hin!
- Keine DKI (Dynamic Keyword Insertion)
Die DKI wird verwendet, um die exakte Suchanfrage eines Nutzers direkt in die Anzeige einzufügen, sodass diese stärker personalisiert wird. In der Theorie sehr nutzerfreundlich, doch praktisch schränkt man damit die eigene Kreativität beim Texten ein – nicht zuletzt, weil man immer möglichst große „Lücken“ lassen möchte, um auch längere Suchanfragen in die Anzeige aufnehmen zu können. So entgleitet uns die Kontrolle über das Endresultat.
- Kein Zeichen zum Beweis des Marken-Status (z. B. ™ oder Formulierungen wie „Offizieller Shop“)
Sofern man keine Anzeigen für ein weltweit bekanntes Unternehmen schaltet, das sich vor eventuellen Plagiaten schützen möchte, ist es nicht nötig, den offiziellen Status der Marke extra hervorzuheben. Dies könnte bei unbekannten Marken sogar den gegensätzlichen Effekt haben und dem Leser das Gefühl vermitteln, dass ein zwielichtiger Shop alle Mittel nutzen muss, um offiziell zu wirken. Dennoch ist es ratsam, die Wirkung von Formulierungen wie „offizieller Shop“ auf die Performanz von Anzeigen zu testen.
- Leselevel eines Achtklässlers
Bei einer Textanzeige entscheidet der erste Blick – können wir auch in Millisekunden erfassen, ob die Anzeige das Problem unserer Suchanfrage lösen wird? Ist es möglich, in Kürze alle wichtigen Informationen zu entnehmen? Setzen wir auf eine simple, eindringliche Formulierung ohne komplizierte Sätze oder komplexe Worte, wird dies erleichtert. Kreativität und Einfachheit schließen einander nicht aus, im Gegenteil: Wir sind gezwungen, Anzeigen kompakt, aussagekräftig und damit performant zu formulieren.
- Verwendung von möglichst wenigen Zahlen
„Vom 01.12.-03.12. 20 % auf T-Shirts“ ist ein nettes Angebot. Hat man aber nur einen Augenblick, um sich diese Aussage anzusehen, verschwimmen die Zahlen schnell vor Augen. „20 % Rabatt auf T-Shirts vom 1. bis 3. Dezember“ ermöglicht es schon eher, alles Relevante zu entnehmen. Sind Zahlen wichtig, um Informationen zu vermitteln, hilft es, z. B. Monate auszuschreiben und Aneinanderreihungen verschiedener Zahlen zu vermeiden und stattdessen Worte dazwischen einzuschieben. Generell gilt: Je weniger Zahlen (gehäuft) in einer Textanzeige auftauchen, desto besser.
Performante Worte und CTAs für Überschriften
Die drei Headlines einer Anzeige fallen dem Nutzer sofort ins Auge und werden am wahrscheinlichsten gelesen. Daher sollte ihnen unsere besondere Aufmerksamkeit gelten. Auch hier haben Finn und seine Kollegen Erkenntnisse gewonnen, die uns bei der Formulierung deutscher Anzeigen weiterhelfen können.
- „Du“
Nutzer mögen es, persönlich angesprochen zu werden. Dass ein Produkt oder Angebot für sie als Person besonders hilfreich ist, kann der erste Schritt einer Kaufentscheidung sein.
- „Kostenlos“ und „Sparen“
Auch wenn keine Produkte verschenkt oder günstiger angeboten werden, kann erwähnt werden, dass z. B. der Versand ab einem gewissen Bestellwert kostenlos ist oder dass man sich ein Muster zuschicken lassen kann, ohne dafür bezahlen zu müssen. Auch die kostenlose Anmeldung, z. B. für ein Portal, sollte hervorgehoben werden.
- „Jetzt“
In Zeiten der „instant gratification“ gefällt es dem Nutzer, Dinge direkt zu bekommen – über einen Download, als Expressbestellung etc. Sofern Angebote auf irgendeinem Weg kurzfristig erhältlich sind, sollte dies kommuniziert werden.
- „Online“ und „Versand“
Auch hier spielt die schnelle Verfügbarkeit von Angeboten eine Rolle, wodurch sich Onlineshops z. T. vom Offline-Handel abheben können. Dem Nutzer ist außerdem sofort klar, dass er hier einen Shop gefunden hat und keine rein informative Webseite.
- „Unser“
Formulierungen wie „unser Angebot“ oder „unser Favorit“ machen klar, dass ein Unternehmen mit Überzeugung hinter seinen Produkten steht – für den Nutzer ein Grund, Vertrauen aufzubauen.
Das Bauchgefühl ansprechen
In Daniel Kahnemanns Buch Schnelles Denken, langsames Denken beschreibt er zwei Denkweisen des Menschen:
- System 1 (aus dem „Bauchgefühl“ heraus): schnell, intuitiv, emotional, unbewusst und stereotypisierend
- System 2 („verkopft“): langsam, anstrengend, logisch, bewusst und berechnend
Hier wird deutlich: Beim Lesen bzw. Überfliegen einer Textanzeige übernimmt in den meisten Fällen System 1 die Führung. Problematisch ist dabei allerdings, dass wir als Account Manager System 2 nutzen, um diese Anzeige überhaupt zu formulieren. Wir möchten alle wichtigen Informationen unterbringen, die Corporate Identity eines Unternehmens widerspiegeln und das Interesse des Nutzers vielleicht sogar auf ungewöhnliche Art und Weise wecken.
Deshalb ist es wichtig, nicht aus den Augen zu verlieren, dass die Entscheidung für oder gegen den Klick auf unsere Anzeige meist rein intuitiv abläuft. Fühle ich mich angesprochen? Gibt mir diese Überschrift ein gutes, sicheres Gefühl? Bekomme ich Lust, hier einzukaufen?
Diese Ansätze helfen euch in der Recherchephase, die Position des Nutzers einzunehmen:
- Veranstaltet ein spontanes Brainstorming mit Kollegen, die nicht selbst mit dem jeweiligen Unternehmen zusammenarbeiten, und fragt sie zu ihren Gedanken zum Produkt oder der Dienstleistung.
- Lest Nutzerbewertungen für ähnliche Produkte in großen Onlineshops, um herauszufinden, was (im besten Falle) realen Kunden bei der Kaufentscheidung wichtig ist.
- Denkt über euer eigenes Kauf- und Nutzungsverhalten ähnlicher Produkte nach und schreibt eure emotionalen Assoziationen dazu auf.
Manchmal reicht unsere Zeit nicht aus, um derart tief in ein Thema einzusteigen. Doch ist die Grundlage für gute Texte einmal gelegt, könnt ihr daraus eine wahre Schatzkammer an Formulierungen zusammentragen, die sich auf lange Sicht als zeitsparend und performant erweisen wird.
[…] Zusätzlich hilft es, Triggerwörter zu finden, die Käufer direkt ansprechen. Welche Ausdrücke motivieren zur näheren Beschäftigung mit dem Produkt oder gar zum Kauf? Welche Textbausteine, welche Tonalität, welche Sprachebene ist passend? Hier ist es empfehlenswert, sich intensiver mit Personas oder ebenjenen Kundenrezensionen auseinanderzusetzen. Auch wenn euch als SEA-Account-Managern nur eine begrenzte Einflussnahme bei der Gestaltung von Landingpages möglich sein sollte, sind Thomas‘ Einsichten relevant – in Bezug auf eine umfassende Beratung genauso wie beim Verfassen eurer eigenen Anzeigentexte. Denn auch hier gilt: Ihr schreibt für den Nutzer, nicht für die Suchmaschine. Vor allem beim Aufsetzen großer, grundlegender Kampagnen kann eine aufwendigere Recherche nützlich sein. Mehr Tipps dazu könnt ihr im Artikel von Annalena nachlesen. […]
[…] Annalena teilt in ihrem Blogbeitrag “SEA-Anzeigen schreiben, die jedem den Kopf verdrehen” Tipps & Tricks wie dieses Ziel erreicht werden […]