SEA Auslese November 2020
Die Corona-Krise beschert Online-HändlerInnen Rekordumsätze an Black Friday und Cyber Monday. Derweil plant die EU-Kommission ein Gesetzespaket auf den Weg zu bringen, das die Macht der Internetgiganten Amazon, Google & Co. gewaltig einschränken soll. Wie sich der Digital Services Act auf personalisierte Werbung auswirken wird und weitere spannende SEA-News haben wir in unserer aktuellen Auslese für euch zusammengefasst.
Deals, Deals, Deals
Auch dieses Jahr stand der November wieder ganz im Zeichen von Black Friday, Cyber Monday & Co. Aufgrund der anhaltend angespannten Corona-Situation wurde im Vorfeld bereits eine verstärkte Verschiebung des Kaufverhaltens Richtung Online erwartet, sodass Meldungen über neue Rekordumsätze wenig überraschend kommen.
Eine ungewöhnliche Maßnahme gab es aber in Frankreich: Dort wurde der Black Friday kurzerhand um eine Woche nach hinten verschoben. Da die meisten Läden aufgrund des Lockdowns bis Ende November geschlossen hatten, hatte der französische Finanzminister Supermärkte und Online-HändlerInnen dazu aufgerufen, den Black Friday zu verschieben. Auch Amazon zog mit und startete den Black Friday Sale in Frankreich erst am 4. Dezember.
Eine spannende Analyse zu Black Friday und Cyber Monday hat Shopify veröffentlicht. Wir haben ausgewählte Key Facts für euch zusammengestellt:
- Weltweit beträgt das Umsatzwachstum stolze 76 Prozent, was 2,2 Milliarden US-Dollar entspricht.
- Besonders erfreulich: Auch kleine und unabhängige HändlerInnen profitierten deutlich und verzeichneten im Schnitt einen KäuferInnenzuwachs von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
- Die Channels mit der höchsten Conversion-Rate waren analog zum letzten Jahr E-Mail und Search.
- Der persönliche Kontakt wurde ebenfalls online gesucht: Immer mehr Chatfunktionen wurden dieses Jahr in Online Shops genutzt.
- Auch coronafreundliche Versandservices wie z.B. Abholung vor dem Laden wurden verstärkt genutzt.
Auch Amazon berichtet übrigens von einer sehr positiven Entwicklung für kleine und mittlere Unternehmen: Im Vergleich zu 2019 stiegen deren Umsätze bei Amazon um 60 Prozent an.
Digital Services Act
Dieses Jahr möchte die EU den Digital Services Act auf den Weg bringen, der die Macht der Internet-Riesen (Facebook, Google, Amazon & Co.) einschränken soll. An sich ein nachhaltiger Gedanke, doch Branchenverbände befürchten jetzt, dass auch personalisierte Werbung mit dem Gesetz nicht mehr möglich sein könnte.
Tiemo Wölken (für die SPD im Europäischen Parlament) ist Mitglied des Rechtsausschusses und gestaltet den DSA mit. Gemeinsam mit anderen Abgeordneten hat Wölken einen „Bericht mit einer Rechtsetzungsinitiative“ für das Parlament verfasst. Dieser Bericht beinhaltet Empfehlungen an die Kommission und widmet sich auch dem Thema Online-Werbung.
Eigenen Aussagen zufolge möchte Wölken verhindern, dass NutzerInnen sozialer Netzwerke durch personalisierte Werbung emotionalisiert oder sogar radikalisiert werden.
Um Einwänden, die nun geäußert wurden, zuvorzukommen, hatte Wölken bereits Anfang Oktober auf seinem YouTube-Kanal erklärt, dass NutzerInnen nicht nur ein komplettes Opt-Out bezüglich personalisierter Werbung zur Verfügung gestellt werden soll, sondern dass personalisierte Werbung an sich zum auslaufenden Konzept werden sollte (ab Minute neun wird’s spannend).
Er erwähnt unter anderem auch den Dokumentarfilm „The Social Dilemma“ von Netflix und betont, dass es sein besonderes Anliegen ist, VerschwörungstheoretikerInnen und Co. die Bühne zu rauben. Das soll eben nicht durch Upload-Filter geschehen, sondern durch die Einschränkungen in der personalisierten Werbung.
Ein brisantes Thema, das wir sowohl aus Advertiser- als auch aus NutzerInnen-Sicht gespannt verfolgen. Auf der einen Seite sind die Debatten rund um Privacy und die Datenmacht der Internet-Giganten wichtig und mehr als überfällig. Allerdings wäre es in unseren Augen auf der anderen Seite kein sinnvoller und nachhaltiger Schritt, personalisierte Werbung komplett zu kippen. Die Relevanz der Werbung und auch die Akzeptanz bei NutzerInnen würden darunter voraussichtlich stark leiden.
Google Ads
Suchtrend-Infos im Google Ads Interface
Eine sehr spannende Neuerung konnten wir Ende November in einigen Google-Ads-Konten entdecken: Informationen zum Verbraucherverhalten. Zu finden sind dort auf das jeweilige Konto zugeschnittene Statistiken und Empfehlungen zu folgenden Bereichen:
- Das jährliche Wachstum der Suchanfragen zu einem bestimmten Themenbereich
- Die angesagtesten Keywords mit höchstem Wachstum aus dem Konto für diesen Themenbereich
- Ein Trendwachstum der Kampagnen
- Eine Übersicht der Standorte, wo das Suchinteresse am höchsten ist
Laut Google wurde die neue Funktion vorerst in den USA, Großbritannien, Kanada und Australien ausgerollt. Weitere Standorte sollen aber zeitnah folgen.
YouTube Audio Ads
Es gibt ein neues Werbeformat für YouTube Ads, das noch in der Beta-Phase steckt: Audio-Anzeigen. Sie werden aktuell auf TKP-Basis mit tCPM-Geboten verkauft und bieten dieselben Targeting-Optionen, Gebotsstrategien und Funktionen zur Brand-Lift-Messung wie es sie bei regulären YouTube-Videokampagnen gibt. Angesprochen werden sollen dabei NutzerInnen, die Musikvideos konsumieren.
Neben Audio-Anzeigen werden auch dynamische Musikpakete (sogenannte Music Lineups) vorgestellt. Damit können Musikfans auf YouTube weltweit erreicht und die Marke ebenfalls in einem wirksamen, „musikalischen“ Umfeld platziert werden.
Analyse: Sichtbarkeit der Suchanfragen im Interface
Wie wir bereits in unserer September Auslese berichtet haben, gab es bei Google Ads eine tiefgreifende Anpassung im Suchbegriffbericht. Selten verwendete Begriffe mit nur wenigen Impressionen werden nicht mehr angezeigt, auch wenn darüber ein Klick zustande gekommen ist. Die Folge: Datenverlust im Konto und weniger Kontrolle darüber, bei welchen Suchanfragen die Anzeigen ausgespielt werden.
Auf Searchengineland ist eine interessante Analyse der Performance Agentur Tinuiti erschienen, die sich kundenübergreifend angeschaut hat, wie sich die eingeschränkte Sichtbarkeit der Suchanfragen auf die Google-Ads-Daten ausgewirkt hat. Dabei gibt es insbesondere zwei interessante Ergebnisse des Reports:
- Während im August noch 98 Prozent der Kosten den Suchanfragen zugeordnet wurden, waren es im September im Schnitt nur noch 76 Prozent. Die Zahlen bestätigen andere Analysen, die bereits zu dem Thema gemacht wurden.
- Neben den Kosten haben sie sich auch den CPO angeschaut. Hier hat sich gezeigt, dass der CPO, der den Suchanfragen zugeordnet wurde, im Schnitt deutlich niedriger ist als der CPO der gesamten Suchkampagnen. Das ist insofern interessant, dass die weniger performanten Suchanfragen nun nicht mehr im Suchanfragenbericht auftauchen und somit nicht optimiert/ausgeschlossen werden können.
Auch wir konnten leider bereits ähnliche Entwicklungen bei unseren KundInnen beobachten. Empfehlenswert ist an dieser Stelle nochmal das Skript von Optmyzr, mit dem schnell ersichtlich wird, welcher Anteil der Kosten nicht mehr klar einzelnen Suchbegriffen zugeordnet werden kann.
NeukundInnen-Ausrichtung für Smart Shopping
Die lang angekündigte NeukundInnen-Beta für Smart Shopping wurde nun auch in Deutschland ausgerollt. Über das neue Conversionziel „Kundenakquisition“ werden Smart-Shopping-Kampagnen so gestaltet, dass diese verstärkt auf NeukundInnen ausgerichtet werden können.
Ihr findet die Option in den Kampagnen-Einstellungen unter dem Punkt Gebote und Budget > Conversion-Zielvorhaben. Dort muss bei Aktivierung auch ein Mehrwert definiert werden, der bei NeukundInnenbestellungen dem Conversion-Wert zugewiesen werden soll.
Wir werden die neue Ausrichtung definitiv testen und unsere Learnings mit euch teilen.
Weitere Shopping Updates
In den USA können NutzerInnen im Shopping Tab sehen, wie hoch oder niedrig der Preis einzelner AnbieterInnen im Vergleich zur Konkurrenz ist. Dafür müssen sie nur ein Produkt auswählen und zur Shopping-Produktseite navigieren.
Gleichzeitig werden dort auch alternative Angebote der Konkurrenz zum ausgewählten Produkt angezeigt.
Zusätzlich ist es möglich, sich benachrichtigen zu lassen, wenn der Preis für das gewünschte Produkt fällt. Die Benachrichtigung läuft über E-Mail oder die Google Search App.
Obwohl die Shopping Anpassungen erstmal nur für den US-Markt angekündigt wurden, haben wir die neuen Features auch schon in Deutschland entdecken können. Ein gutes Zeichen dafür, dass sie hoffentlich auch bald bei uns komplett ausgerollt werden.
Neuerungen bei Discovery-Kampagnen
In Discovery-Kampagnen wird nun auch das Format 4:5 unterstützt, um die Anzeigen noch prominenter auszuspielen. Das dürfte insbesondere Advertiser freuen, die bereits Anzeigen bei Facebook und Instagram schalten. Dort wird dieses Format ebenfalls unterstützt und vorhandene Assets können somit ab sofort auch für Discovery-Kampagnen bei Google Ads verwendet werden.
Außerdem plant Google künftig Schätzungen zum Anstieg des Conversion-Volumens anzuzeigen, wenn die Zielgruppenerweiterung bei der Einrichtung der Kampagne aktiviert wird.
Darüber hinaus können Zielgruppen, wie z.B. bestehende KundInnen, bereits beim Setup der Kampagne ausgeschlossen werden und nicht erst nach Erstellung.
Microsoft Advertising
Angebotserweiterung
Pünktlich zur Holiday Season stellt Microsoft Angebotserweiterungen für Black Friday, Cyber Weekend, Weihnachten & Co vor. Den meisten dürften sie bereits aus Google Ads bekannt vorkommen. Verfügbar sind sie auf allen Geräten, aber leider vorerst nur für den US-Markt.
DSA auf Anzeigengruppenebene & weitere Updates
Ein lange herbeigesehntes Feature, was nun als offene Beta zur Verfügung steht: Endlich können DSA-Anzeigengruppen in Microsoft Advertising angelegt werden. Eine Nachricht, die insbesondere NutzerInnen des Fullistic-Ansatzes freuen dürfte.
Bisher konnten dynamische Suchanzeigen in Microsoft nur als eigenständige Kampagne aufgesetzt werden, was den Google Ads Import deutlich erschwerte und auch uns des Öfteren einige Nerven kostete.
Darüber hinaus gab es noch folgende Updates:
- Der Keyword Planner steht jetzt für mehr Länder und Sprachen zur Verfügung
- Die durchschnittliche Position wird im März 2021 abgeschafft, an deren Stelle treten analog zu Google Ads die KPIs “Top impression rate” und “Absolute top impression rate”.
- Die Empfehlungen wurden überarbeitet, sodass es nun auch eine Übersicht über alle Accounts hinweg gibt.
- Microsoft stellt neue In-market Audiences mit saisonalem Bezug, wie z.B. Black Friday, vor. Leider sind diese neuen Zielgruppen erstmal nur in Großbritannien, Kanada, Australien und den USA verfügbar.
Paralleles Tracking
Ein kurzer Reminder: Das parallele Tracking in Microsoft Ads wird ab dem 15. Januar 2021 für alle Konten automatisch aktiviert. Die Migration war ursprünglich schon für November 2020 geplant, wurde aber nochmal aufgeschoben aufgrund der angespannten COVID-19-Situation.
Hier findet ihr die FAQ-Seite von Microsoft dazu.
Amazon Advertising
Sponsored Display Updates
Nachdem bei Amazon bereits seit ein paar Monaten Sponsored-Display-Kampagnen mit Produkt-Targeting verfügbar sind, werden nun auch endlich die First-Party-Zielgruppen in den USA ausgerollt. Damit stehen die Zielgruppen nicht mehr nur NutzerInnen der Amazon DSP zur Verfügung, sondern können direkt über die Werbekonsole ausgewählt werden. Das ermöglicht zum einen simples Remarketing, aber auch die Ausrichtung auf NutzerInnen, die sich bereits andere Produkte, Marken oder Kategorien auf Amazon angesehen haben. Wir haben bislang sehr gute Erfahrungen mit dem Sponsored-Display-Produkt-Targeting gemacht und sehen in den meisten Konten ähnlich gute Performance-Werte wie in Sponsored-Products-Kampagnen. Daher können wir es kaum erwarten, dass die neuen Targeting-Optionen hoffentlich zeitnah auch in Deutschland freigeschaltet werden.
Amazon Posts
Habt ihr schon mal von Amazon Posts gehört? Sie erinnern stark an Social Media Posts oder aber Google Showcase Ads, erscheinen nur mobil und sie sind kostenlos! Die Beta gibt es schon seit gut einem Jahr in den USA.
Amazon platziert die Posts automatisch in Feeds und auf Detailseiten, basierend auf Relevanz und KundInneninteresse. Statistiken für sichtbare Impressions, Interaktionen und Interaktionsraten der Posts können auch eingesehen werden.
Weitere Kurz-News & Leseempfehlungen
- Onlinemarketing.de stellt eine Weiterentwicklung des Fullistic-Ansatzes vor: Modern Search zieht als Messgröße für den Werbeerfolg nicht mehr Umsatz, sondern den Gewinn heran. Bei der Umsetzung des Modern-Search-Ansatzes kommen sowohl First- als auch Third-Party-Daten zum Einsatz. Kurz zusammengefasst sollen über die Geschäftstätigkeit gewonnene KundInnendaten bei Google Ads genutzt werden, um über Customer Match noch präziser die KundInnengruppe anzusprechen, bei der die Conversion-Wahrscheinlichkeit als am höchsten eingeschätzt wird. Ein interessantes Konzept, in unseren Augen stellt es aber keine fundamentale Generalüberholung des Fullistic-Ansatzes dar. KritikerInnen könnten sagen, dass der Aspekt „Integration von Daten“ des Fullistic-Ansatzes die Nutzung von KundInnendaten bereits umfasst.
- Der Google Tag Manager hat einen neuen Anstrich bekommen: Der Preview Mode funktioniert nun wie die Google-Tag-Assistant-Erweiterung für Chrome, sodass eine komplette Session getrackt und ausgewertet werden kann. Screenshots und mehr Details gibt’s u.a. im Search Engine Journal.
- Ausgabenziele für die Gebotsstrategie „Klicks maximieren“ werden ab Januar nicht mehr verfügbar sein, stattdessen wird das Tagesbudget für Kampagnen verwendet.
- Google und Microsoft haben ihre Richtlinien zu Corona-sensiblen Themen minimal aufgeweicht. So dürfen Stoffmasken, Behelfsmasken und Community-Masken über alle Kanäle beworben werden (wir haben es in unseren Konten bereits erfolgreich ausprobiert). Nach wie vor abgelehnt werden allerdings Begriffe wie Einwegmaske, Alltagsmaske, Mundschutz, Mund-Nasen-Maske etc. Wichtig: Diese Begriffe sollten bestenfalls auch nicht in der URL und auf der Landingpage auftauchen.
- Wie es bereits im August angekündigt wurde, lassen sich jetzt Showcase Shopping Ads auch ohne Header-Bild erstellen. Viele KundInnen mit mangelndem Bildmaterial wird es freuen, dass hier offensichtlich eine Hürde wegrationalisiert wurde. Man könnte in dem Zuge also vermuten, dass diese Anpassung vorgenommen wurde, weil man Showcase Ads stärker pushen und bewirken will, dass mehr Menschen sie nutzen.
- Google hat die Nutzungsbedingungen für YouTube aktualisiert und damit still und leise bekanntgegeben, dass nun auch Werbung von Unternehmen in YouTube-Videos geschaltet wird, die nicht Teil des YouTube-Partnerprogramms (YPP) sind. Die Entscheidung über werbefreie Videos liegt also nicht mehr unbedingt in der Hand der Videoschaffenden. Von den Werbeerlösen bekommen sie aber nur dann etwas ab, wenn sie am YPP teilnehmen bzw. sich dafür qualifiziert haben. Für Werbetreibende bzw. uns als Agentur bedeutet das, dass sich das verfügbare Inventar in und um YouTube-Videos erhöht. Für die YouTube Creators hingegen ist das eine sehr besorgniserregende Entwicklung, die sicher noch für einigen Wirbel sorgen dürfte.
- Die Google Ads Auktionsdaten sind nun auch im Berichtseditor verfügbar – auf Konto- und auch auf MCC-Ebene, sodass mehrere Konten von AnbieterInnen mit der gesammelten Konkurrenz verglichen werden können.