Social Media Jahresrückblick 2020

Puh, wo fängt man da an, wenn man einen zusammenfassenden Rückblick auf ein Jahr geben will, das uns kaum vor mehr Herausforderungen hätte stellen können und in dem sich vor allem im Digitalbereich so einiges bewegte?! 2020 war bestimmt von Schlagzeilen rund um die Corona-Pandemie und ihre globalen Auswirkungen, die für viele zur Bedrohung wurden. Die Pandemie ist aber auch eine Chance. Sie hat uns einmal mehr gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung in Schulen, am Arbeitsplatz und auch im Handel ist. Auch dem Online Marketing ist damit plötzlich eine noch nie da gewesene Bedeutung zugekommen. Out-of-Home Kampagnen, Promotions und Events erreichen bis jetzt ihre Zielgruppe nicht mehr, denn diese befindet sich – ihr ahnt es vielleicht – größtenteils zu Hause auf der Couch oder am improvisierten Arbeitsplatz. Was uns 2020 damit beschert hat? Menschen, die Social Distancing im Social Web ausgleichen und vor allem mehr Screen Time!

Die Netzwerke haben ihre Chance wirklich genutzt, Facebook kommt im neuen Design daher, Instagram setzt auf Social Shopping, TikTok wirft gleich eine völlig andere Art der Kommunikation in den Ring und auch LinkedIn und Twitter setzen nun auf das beliebte Story-Format. Was die sozialen Netzwerke im Einzelnen im letzten Jahr bewegte, welche wichtigen Ereignisse es gab und was wir uns vom Neuen Jahr erwarten, haben wir – Aileen und Karo – euch in unserem Social Media Rückblick zusammengefasst!

Aileen Genders
Trainee Content & Creative
Karolin Stridde
Trainee Social Media Advertising

Facebook

Wenig überraschend war im Jahr 2020 bei Facebook super viel los. Neues Design, neue Features und neue Vorwürfe. Für unseren Jahresrückblick haben wir euch einige unserer Highlights herausgepickt:

Political Ads

Anfang des Jahres zeigte sich bereits, dass auf Facebook Political Ads bestehen bleiben. Um Skandale wie in vorherigen Jahren zu vermeiden, wurden aber zumindest neue Features zur Verfügung gestellt. NutzerInnen erhielten dadurch einen differenzierteren Zugang zur Werbebibliothek:

Im November setzte das Netzwerk außerdem ein wichtiges Zeichen gegen Fehlinformationen zur US-Wahl. So gab Facebook bekannt, 180 Millionen Beiträge als Wahl-Fehlinformationen markiert und 265.000 Posts wegen der Einflussnahme auf WählerInnen entfernt zu haben. Dabei wurde aber auch festgestellt, dass etwa 95 Prozent der NutzerInnen die Warnhinweise zu Beiträgen mit Fehlinformationen gar nicht anklickten.

Proteste gegen Hate Speech

Und dann ging es im Sommer ganz schön heiß her! Unternehmen hatten sich 2020 zusammengeschlossen, um gegen Hate Speech auf Facebook zu protestieren. Nach Patagonia und REI schloss sich mit The North Face ein weiterer Outdoor-Anbieter dem Protest gegen Hate Speech und Falschinformationen an. Das Unternehmen stoppte alle Werbeaktivitäten auf Facebook und Instagram. Damit gewann die Gruppe an Werbetreibenden (#StopHateForProfit), die gegen Hate Speech auf der Plattform demonstrierten, weiter an Volumen.

Als Resultat rutschte der Börsenkurs von Facebook ab und das Unternehmen kündigte finanzielle Hilfen in Höhe von 220 Millionen US-Dollar an, um schwarze UnternehmerInnen zu unterstützen.

Vorurteilsfreie Algorithmen?

Eventuell einhergehend damit, hatten Facebook und Instagram neue interne Forschungsteams aufgestellt, welche untersuchen sollten, ob deren Algorithmen vorurteilsfrei gegenüber schwarzen, hispanischen und anderen unterrepräsentierten NutzerInnen arbeiteten. In der Vergangenheit trat Facebook hier bereits negativ in Erscheinung: Ein Filter ermöglichte beispielsweise Werbetreibenden, Minderheitengruppen für Kampagnen in den Bereichen Stellenangebote und Wohnraum auszuschließen.

CBO ist freiwillig

Doch keine verpflichtende Campaign Budget Optimization: Facebook hatte sich im Frühjahr dem Willen der Werbetreibenden gebeugt und das Rollout der CBO als einzige Möglichkeit abgesagt. Den meisten Advertisern gelang es vermutlich nicht, die CBO gewinnbringend zu implementieren. Wir konnten jedoch mehrheitlich positive Ergebnisse verzeichnen: CBO spart u.U. eine Menge Arbeit, was ein zielführendes Monitoring und die entsprechende Optimierung betrifft. Dennoch ist es in Einzelfällen sicherlich hilfreich, auch künftig auf die Verteilung je Anzeigengruppe zurückgreifen zu können.

Ankündigung: iOS Update

Das iOS Update, welches uns aktuell sehr auf Trab hält, bereitete Werbetreibenden bereits bei der Ankündigung im Sommer 2020 einige Sorgen. Schon damals verkündete Facebook, dass es im Audience Network mit einem Einbruch der Werbeeinnahmen um ca. 50 Prozent rechnet. Das Update verhindert die Datensammlung ohne konkrete Erlaubnis der NutzerInnen. Für die einen ist das ein Zugeständnis in Sachen Datenschutz, für andere bedeutet es einen enormen Rückschlag im Bereich personalisierter Werbemöglichkeiten. Das Update wird auch in diesem Jahr noch maßgebliche Auswirkungen auf das Social Media Advertising haben. Die Auswirkungen des Tracking Opt-Ins auf Apple-Geräten wird in allen sozialen Netzwerken spürbar sein und die Performance der dort geschalteten Ads beeinflussen.

Adieu Zwanzig-Prozent-Textregel

Es gab aber euch Neuigkeiten, die Advertiser gefreut haben. So wurde endlich die Zwanzig-Prozent-Textregel bei Bildmaterial rausgekickt. Die häufig sehr fehlerhafte Regelung besagte, dass Anzeigen mit einem zu großen Textanteil im Bild nur eingeschränkt ausgespielt oder gar komplett abgelehnt wurden. Mit der Aufhebung ergab sich für Advertiser mehr Freiheit, dennoch sollte man im Hinterkopf behalten: Anzeigen mit Bildern mit einem Textanteil von nicht mehr als 20 Prozent performen nach wie vor besser.

Klage gegen Facebook

Das Jahr endete für Facebook allerdings in keiner Weise friedlich. Aufgrund von Kartellrechtsverstößen verklagten die Federal Trade Commission (FTC) und 48 US-Bundesstaaten das Unternehmen. So ging es beispielsweise darum, dass Facebook kleine Unternehmen aufkaufte, um potentielle Konkurrenz im Keim zu ersticken. Weiter forderte die FCT eine Rücknahme von WhatsApp und Instagram, um einen freien Wettbewerb wieder ermöglichen zu können. Das Gerichtsverfahren wurde geplant und Facebook beendete sein Jahr damit, alle Anschuldigungen um Wettbewerbsfeindlichkeit zurückzuweisen. Das Unternehmen muss sich auch 2021 noch verantworten und sieht sich mit immer mehr Regulatoren konfrontiert. Wir werden dran bleiben.

Instagram

Nachdem Instagram einst sehr erfolgreich das Story-Format von Snapchat kopiert hatte, hieß es im März des letzten Jahres, die App würde an Ephemeral Direct Messages arbeiten. Die Besonderheit dieser Nachrichten: Der Thread öffnet sich im Dark Mode und beim Schließen des Fensters werden die Direktnachrichten gelöscht. Ob dieses Feature die User Experience der App nun maßgeblich verbessern würde, ist schwer zu sagen. Die Priorität der Entwickler lag im letzten Jahr jedoch an einer ganz anderen Stelle: Shopping & Advertising!

Im Instagram Shop können Unternehmen die Infrastruktur der beliebten App für ihre Sales nutzen! Bildquelle: Screenshot

Das Jahr segnete uns mit vielen Highlights, wie der prominenten Platzierung des Shop-Tabs, der erleichterten Erstellung von Branded Content im Facebook-Werbeanzeigenmanager oder der Auszeichnung von Werbepartnerschaften und Produkten in allen Content-Formaten (die by the way ordentlich ausgebaut wurden).

Influencer-Kooperationen sind nun auch für das beliebte Format der Live-Storys denkbar oder sogar im neuen Reels-Tab, der Antwort Instagrams auf den Durchbruch von TikTok. Auch das neue Feature Guides bietet kreative Möglichkeiten für Kooperationen, denn Influencer können hier Content-Sammlungen zu verschiedenen Produkten oder Themen anlegen und teilen. Alles in allem legte Instagram im letzten Jahr seinen Fokus deutlich auf die kontinuierliche Verschmelzung von Inspiration und Shopping in einer Anwendung. Wir sind gespannt auf mehr!

TikTok

TikTok legte zu Beginn des Jahres einen rasanten Aufstieg in das Firmament der Sozialen Netzwerke hin – genauso schnell drohte aber im Sommer schon wieder der Absturz mit der drohenden Verbannung der App vom US-Markt. Der chaotische Prozess trug den Beigeschmack eines persönlichen Feldzuges des ehemaligen US-Präsidenten Trump.

Fadenscheinige Argumente, eine mangelnde gesetzliche Grundlage und zahlreiche Verhandlungen um eine mögliche Übernahme des US-Geschäftsbereichs oder sogar der ganzen App dominierten die Schlagzeilen. In unseren Auslesen von August und September hatten wir die Ereignisse bereits zusammengefasst. Im Dezember dann gab das Gericht der Einstweiligen Verfügung TikToks statt. Aufatmen. Vorerst, denn das Thema scheint noch nicht ganz vom Tisch zu sein, nur liegt es jetzt bei einer neuen Regierung.

Auf die Negativ-Schlagzeilen des letzten Jahres reagierte TikTok mit einigen Sicherheits-Updates und der Einrichtung des Transparency Centers. Auch, wenn die Verbannung aus dem westlichen Markt nun erstmal gekippt wurde, kämpft die App mit einem Vertrauensverlust. Mehr Transparenz in Sachen Daten- und Jugendschutz soll nun das Image wieder aufpolieren.

Updates, Updates, Updates

Auch in Sachen Advertising versucht TikTok seit letztem Jahr aufzuholen. Im Juli launchte die App eine Self-Service-Marketing-Plattform, die zwar noch nicht an die Möglichkeiten eines Facebook Werbeanzeigenmanagers rankommt aber trotzdem den Weg für die Monetarisierung der App ebnet.

Natürlich gab es auch das ein oder andere neue Feature (wie Stitch) und zum Jahresabschluss veröffentlichte TikTok noch ein Ranking mit den heißesten Trends und den beliebtesten Creators. Ein Blick lohnt sich!

Twitter

Dass Jens Spahn zusammen mit Markus Söder und Christian Drosten in einem Top Ten Ranking steht ist eigentlich schon bezeichnend genug für das Jahr auf Twitter. Hier drehte sich alles um Corona, wie wir die Zeit Zuhause verbringen und… achja den US-Wahlkampf. Alle Trends des Jahres hat Twitter in einem Rückblick veröffentlicht.

Ansonsten launchte Twitter das neue Feature fleets, was jetzt auch nichts neues in unserer Social-Media-Welt ist. Im Grunde handelt es sich um das Story-Format, das ja bereits auf Snapchat und Instagram sehr gut funktioniert. Allerdings ging das Feature direkt mit einem Bug an den Start und auch die Speicherung der Inhalte wirft bei den NutzerInnen Fragen auf.

Ansonsten launchte Twitter zum Jahresende noch fix das neue Feature Spaces, das von der Funktion vielleicht entfernt an den neuen mega Hype Clubhouse erinnern könnte. Die NutzerInnen können hier Audio Messages teilen, Follower können den Diskussionen lauschen. 

LinkedIn

Neue Ad-Formate und Features

Im Frühjahr hatte LinkedIn Conversation Ads in sein Programm aufgenommen. Diese landen, ähnlich wie InMails, im Posteingang der Zielgruppe, können aber ganz einfach genutzt werden, um ein Gespräch zu initiieren.

So kann das Engagement in der Zielgruppe und damit die eigene Wahrnehmung erhöht werden. Auch zur Leadgewinnung waren die neuen Ads gedacht, indem der Zielgruppe relevante Inhalte geboten wurden, die direkt über ein Lead-Formular zu erreichen sind (z.B. Whitepaper oder Webinare).

Außerdem überarbeitete das Business-Netzwerk seinen Guide, mit dem es nun Tipps für das Targeting und hilfreiche Tools lieferte. Auch neue Features wie Matched Audiences, Retargeting by Video and Lead Gen Forms, Website Retargeting, Contact Targeting und Company List Targeting wurden verkündet. Damit sollte Werben einfacher gemacht und Kampagnen besser optimiert werden können.

Auch die Benutzeroberfläche von LinkedIn wurde geupdated, weniger blau war zu sehen und die Navigation wurde vereinfacht.

LinkedIn Stories und Story Ads

Und dann kam im Herbst DIE Nachricht: LinkedIn Stories sollte auch NutzerInnen in Deutschland zur Verfügung stehen. So gab es nun auch hier die Möglichkeit, auf unmittelbare und ungezwungene Weise Einblicke und Highlights miteinander auszutauschen. Mit der Neuerung zeigte sich, dass auch im professionellen Umfeld von LinkedIn die Popularität von Video-Content profitabel genutzt werden sollte und sich auch hier der Wandel zu visuellen Medien und mobilen Geräten abzeichnet. Aber: Dann wurde das Ganze doch noch einmal verschoben. Wir sind aber zuversichtlich, dass es 2021 endlich soweit sein wird.

Dieser Neuerung folgten dann Ende des Jahres zügig die Story Ads. LinkedIn wollte mit Facebook und Instagram mitziehen und testete in den USA und Kanada, ob die Ads auch bei der LinkedIn-Zielgruppe gut konvertierten. Diese Werbemöglichkeit sollte der nächste Schritt in der Weiterentwicklung des Story-Formats sein. Dabei sollte hier mehr kreativer Spielraum geboten werden, um ein wenig mit der Art brechen zu können, wie Marken auf LinkedIn kommunizieren. Wir werden sehen, wie es 2021 für das neue Ad-Format laufen wird.

Snapchat

Snapchat wird im Kosmos der Social-Media-Plattformen oft und gerne unterschätzt. Auf unserem Blog haben wir euch im letzten Jahr bereits einige Gründe dafür geliefert, warum ihr Snapchat unbedingt auf dem Schirm haben solltet. Hinter der App steckt jede Menge Innovationsgeist, von dem sich andere Netzwerke auch mal eine Scheibe abschneiden könnten. Nicht umsonst kopieren Riesen wie Facebook oder Twitter das ein oder andere Feature der App.

Innovation Hub auf Snapchat

Mit Snap Minis launchte Snapchat im Sommer des letzten Jahres sozusagen einen neuen Innovation Hub innerhalb der App. Hier können NutzerInnen auf verschiedenste kleine Anwendungen zugreifen, die das Nutzererlebnis in Snapchat immer wieder weiterentwickeln und die App damit auch langfristig spannend machen.

EntwicklerInnen können sich dabei in Snap Minis austoben und mit ihren Micro Apps die Reichweite von Snapchat nutzen. Wir finden: hier steckt auf jeden Fall viel Potenzial dahinter und es könnte sich lohnen, das Ganze zu verfolgen und dabei vielleicht den einen oder anderen Trend zu entdecken.

Auch in Sachen Advertising hat Snapchat im letzten Jahr noch zugelegt. Neue Ad-Formate und und eine Lernplattform für Werbetreibende machen die App für Marketer noch attraktiver.

Pinterest

Man könnte wohl sagen, für Pinterest war 2020 DAS Jahr! Im letzten Jahr hielten wir uns wohl alle an dem berauschenden Gedanken einer freien Zukunft ohne Ausgangssperren, Reiseverbote und Kontaktbeschränkungen fest. Und wir planten diese Zeit! Wohin soll der nächste Urlaub gehen? Auf welche After-Corona-Modetrends muss ich mich vorbereiten? Wie mache ich den Garten für die erste große Grillparty vorzeigbar? All diese Fragen beantwortet uns Pinterest mit einer schier unendlichen Menge an Inspiration. Und das schlug sich auch in den Zahlen nieder. Pinterest verzeichnete ein immenses Wachstum an erstellten Pinnwänden in den Top-Kategorien – und reagierte.

Neue Features sollen uns seit dem letzten Jahr das Planen unserer Zukunft auf Pinterest noch leichter machen. Verbesserte Ordner-Strukturen mit automatischen Vorschlägen für mehr Organisation, persönliche Notizen, To-Do-Listen und ein Projekt-Assistent sind nur einige Funktionen, die Pinterest im letzten Jahr ausrollte.

Bildquelle: Pinterest Newsroom

Auch im Advertising gab es Entwicklungen, die die Relevanz der App für Social Media Marketing nochmal steigern sollten. Pinterest will offensichtlich nicht länger als reine Traffic-Quelle für Awareness-Kampagnen verstanden werden, denn mit den richtigen Strategien lassen sich auch kaufbereite NutzerInnen erreichen. Neue Ad-Formate, das Verified-Merchant-Programm und verbesserte Analyse-Tools sollen Advertisern die Plattform noch schmackhafter machen.

Was das Netzwerk für Creators besonders spannend macht: Pinterest kennt quasi immer schon die Trends von morgen. Was die NutzerInnen im letzten Jahr vermehrt geplant haben, setzen sie im nächsten Jahr um. Die Vorhersagen für 2020 sind laut Pinterest übrigens zu 80% eingetreten. Einen Einblick in die Trends und Themen 2021 gibt Pinterest wie jedes Jahr im Predict preis. Reinschauen lohnt sich!

Twitch

Twitch gegen Trump

Twitch hat 2020 dafür genutzt, ein Zeichen gegen Trump zu setzen. So hat sich das bei Gamern beliebte Live-Streaming-Videoportal mit Reddit zusammengetan im Kampf gegen Hate Speech. Dafür blockierte Twitch Trumps Wahlkampf-Account kurzzeitig wegen Verstößen gegen die Richtlinien der Plattform. Mit 125.000 AbonnentInnen zählt der Account eher zu den weniger starken Sprachrohren des Ex-Präsidenten. Reddit schloss einen der größten Supporter-Subs, r/The_Donald, der rund 800.000 Mitglieder umfasste.

Im Herbst nutzte die US-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez das Online Game “Among Us” als Plattform für eine Kampagne gegen Trump. Das Spiel stand unter dem Slogan „to officially declare orange sus“, angelehnt an den bekannten Spruch „orange is sus – vote him out“, der Donald Trump als suspekte Person deklariert. Außerdem wollte die Abgeordnete ZuschauerInnen bei dieser Gelegenheit noch stärker für die (Brief-)Wahl sensibilisieren. Ganze 435.000 Twitch-NutzerInnen hatte Ocasio-Cortez erreichen können. Bei dieser stattlichen Zahl war noch nicht eingerechnet, dass weitere ZuschauerInnen über die Streams ihrer MitspielerInnen erreicht wurden. Es zeigte sich bei dieser Aktion einmal mehr, wie groß Gaming und Plattformen wie Twitch mittlerweile sind und wie sie immer öfter auch für politische Zwecke genutzt werden.

Kontroversen um Twitch

Allerdings hielt 2020 für Twitch auch eine unangenehme Kontroverse bereit. Wie The Verge berichtete, wurde die Geduld einiger Twitch-NutzerInnen auf die Probe gestellt: Bei NutzerInnen, die den Adblocker uBlock Origin verwendeten, ploppte alle zehn bis 20 Minuten ein PopUp-Fenster auf. Dort wurden sie gebeten, den Blocker auszustellen oder für ein Abo zu zahlen. Das hat den Live-Charakter der Videos auf Twitch extrem gestört: Hier verpassen die ZuschauerInnen etwas, wenn während eines Livestreams z.B. eine unskippable Ad gestartet wird. Andererseits ist Twitch generell kostenlos nutzbar eben aufgrund von Ads. Als eine Reaktion auf diese Werbeanzeigen-Kontroverse hatte Twitch im November erstmals Multiplayer Ads getestet, von denen Creator besser profitieren sollten. Wir bleiben auf jeden Fall auch 2021 gespannt, wie sich die Plattform bezüglich der Ad-Formate weiterentwickeln wird.

Twitch hatte bei seinen NutzerInnen allerdings noch einmal ziemlich daneben gegriffen. So löschte die Plattform massenhaft Videos, weil sie nicht lizenzfreie Musik beinhalteten. Da Creator über diese Löschung zuvor nicht eindeutig aufgeklärt worden sind, folgte darauf ein ziemlicher Shitstorm, aufgrund dessen Twitch sich dann auch versuchte, zu entschuldigen. Ein besserer Support für die Creator und benutzerfreundlichere Tools hätten das Ganze vermutlich gar nicht erst soweit kommen lassen. Dennoch: Von vielen Creatorn wurde eine Menge bisherige Arbeit einfach zerstört.

Nichtsdestotrotz konnte Twitch 2020 Rekordzahlen verbuchen. So verbrachten NutzerInnen hier insgesamt 17 Milliarden Stunden, was ein Wachstum zum Vorjahr um 83 Prozent bedeutet. An erster Stelle – noch vor den beliebtesten Spielen wie League of Legends und Fortnite – verbringen NutzerInnen ihre Zeit mit „Just Chatting“: Sie schauen die Live-Videos ihrer liebsten Streamer, bei denen sie Fragen aus den Chats beantworten und einfach etwas erzählen. Zwei Milliarden Stunden brachten NutzerInnen damit zu. Hier ergeben sich also ganz neue Möglichkeiten auch für Marketer, um Zielgruppen anzusprechen. Das haben wir für 2021 definitiv auf dem Schirm.

Reddit

Auch für Reddit brachte 2020 einige Veränderungen. So ermöglichte die Online-Community beispielsweise ab Frühling mit Polls, Umfragen in seinen Postings zu veröffentlichen. Auf anderen Plattformen gab es diese Funktion bereits länger, nun kam das Feature auch endlich für Reddit.

Zu der Neuerung teilte die Plattform mit, dass NutzerInnen schon seit Jahren Umfragen über Drittanbieter erstellten (ca. 15.000 pro Monat) und in den Subreddits posteten. Durch die native Funktion innerhalb der Plattform sollte das vereinfacht werden.

Zudem updatete sich Reddit im Frühling selbst und verlangt von allen politischen Werbetreibenden, die Kommentare für mindestens 24 Stunden unter allen Ads aktiv zu lassen, um die Möglichkeit eines Austauschs zu gewährleisten. Mit diesen transparenteren Reddit Ads ging einher, dass Advertiser ebenfalls etwas mehr gezwungen waren, auf Kritik aus der Community zu reagieren. Zusätzlich wurde ein neues Subreddit eingeführt, in dem Infos zu allen politischen Ads seit Januar 2019 zu finden sein sollten. Damit wollte Reddit seinen NutzerInnen die Möglichkeit geben, sich darüber zu informieren, wer für die Inhalte verantwortlich ist.

Spannend wurde es dann nochmal Ende des Jahres um Reddit, als das Netzwerk verkündete, den TikTok-Konkurrenten Dubsmash zu übernehmen. Dabei handelte es sich vielmehr um eine Kooperation, bei welcher Dubsmash weiterhin seine Brand und Plattform beibehalten würde. So sollen die textbasierte Reddit-Website und der Video-Charakter von Dubsmach einander ergänzen, um eine Community zu schaffen, die auch unterrepräsentierten Creators eine Erfolg bringende Plattform ermöglicht. Wir sind für 2021 sehr gespannt, was hier so passieren wird.

Spotify

Spotifys Jahr begann mit der Vorstellung seiner „Streaming Ad Insertion“ (SAI) für Podcasts. Mit dieser Technologie sollte die Monetarisierung von Podcasts in den nächsten Monaten ordentlich in Schwung kommen. Damit einhergehend rollte der Streamingdienst im April sein Ad Studio aus. Im Ad Studio können per Script Anzeigen erstellt werden, für die Hintergrundmusik und ein professionelles Voice-Over gewählt werden können. Im schnellsten Fall können die erstellten Anzeigen innerhalb einer Stunde live gehen.

Auf Spotifys individuellen Jahresrückblick hatten sich die HörerInnen im Dezember 2020 gefreut. Und auch für Werbetreibende gab es bei Spotify Wrapped spannende Einblicke. So stieg 2020 die Nutzung von Podcasts noch einmal erheblich an.

Die Zahl der Monthly Active Users von Podcasts erhöhte sich beispielsweise weltweit zwischen Januar und September 2020 gegenüber demselben Zeitraum 2019 um 108 Prozent. Im gleichen Vergleichszeitraum stieg die Zahl der HörerInnen von Politik- und Nachrichten-Podcasts um 140 Prozent. Und auch Bildungspodcasts lauschten die NutzerInnen häufiger: 81 Prozent öfter wurden sie gestreamt. 2020 war DAS Jahr für Podcasts. Wir sind gespannt, wie die Entwicklungen für sie dieses Jahr in Zeiten immer beliebter werdender Alternativen wie Clubhouse aussehen werden.

YouTube

Youtube führte Anfang des Jahres die Markierung von Videos für Kinder ein. YouTube-Videos für Kinder mussten ab dann als solche markiert werden; zudem durfte vor und während solcher Videos keine personalisierte Werbung mehr angezeigt werden.

Außerdem hatte das Videoportal seinen TikTok-Konkurrenten „Shorts“ gelauncht. Damit schwamm die Plattform mit dem Strom und ermöglichte auch 15-sekündige Videos. Vice President of Product Management Chris Jaffe schrieb: “Shorts is a new short-form video experience for creators and artists who want to shoot short, catchy videos using nothing but their mobile phones.” Sollte heißen: Youtube will nun das Gleiche machen wie TikTok und Reels.

2020 begann Youtube zusätzlich mit seinen ersten Schritten Richtung E-Commerce, wodurch es von einem Advertising-Riesen hin zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für E-Commerce Nummer eins Amazon werden wollte.

So wurde mit Product Tags eine Möglichkeit getestet, mit der Creator Produkte taggen können, die in ihren Videos gezeigt werden. Warum das Ganze tatsächlich vielversprechend aussah? Weil sich 2020 zeigte, dass 55 Prozent der KonsumentInnen Videos für ihre Einkaufsentscheidung nutzten. Das Medium Video wurde also immer wesentlicher für den Einkaufsprozess der NutzerInnen.

Audio Ads auf Youtube

Zu guter Letzt verkündete Youtube das Rollout eines neuen Ad-Formats. So sollten Audio Ads eine neue Möglichkeit sein, NutzerInnen mit Werbung besser erreichen zu können, die zuhören, statt aktiv Videos anzuschauen. Der Audio-Part sollte bei diesen Anzeigen den Hauptteil in der Kommunikation mit der Nutzerschaft ausmachen, während das Bildmaterial ganz simpel gehalten sei. Auf diese Weise sollten beispielsweise mehr Musik-Fans erreicht werden können. Das Ganze war in einem Test wohl bereits sehr erfolgreich: Mithilfe von 75 Prozent der eingesetzten Audio Ads soll eine signifikante Steigerung der Brand Awareness erreicht worden sein.

Andere Netzwerke

Auch zahlreiche andere Netzwerke haben uns mit ihren Entwicklungen 2020 reichlich beschäftigt. Das war beispielsweise Byte, welches Anfang des Jahres legitimer Nachfolger der Sechs-Sekunden-App vine wurde. Oder auch der Onlineversandhändler Amazon, welcher ein Programm für Influencer startete, bei dem man seine liebsten Produkte empfehlen kann und bei Verkauf eine Provision erhält.

Alternative Welten auf Telegram und Parler

In Zeiten von Corona-LeugnerInnen und Trumps zahlreichen Verfehlungen, behielten wir vor allem zwei Netzwerke besorgt im Blick: Telegram und Parler.

So hatte sich auf Telegram eine neue Form von Viral-Marketing entwickelt. Dort machte beispielsweise Attila Hildmann in seiner Telegram-Gruppe ganz Influencer-like immer wieder Werbung für seine Nutella-Alternative. Verschwörungserzählungen begannen 2020 zu einem Geschäftsmodell zu werden. Auch Eva Herman, bekannt für das Gutheißen der Familienpolitik des Dritten Reichs und ihren darauffolgenden Rauswurf beim NDR, hatte bemerkt, dass ihre AnhängerInnen für entsprechenden Absatz sorgen könnten.

Zur Triebfeder dieser Kauflaune äußerte sich Tobias Ginsburg, Autor von „Die Reise ins Reich. Unter Reichsbürgern.“ u.a. treffend: „Wo viel Angst ist, lässt sich auch Geld machen.“ Diese Form von Conspiracy-Marketing sollten wir definitiv auch dieses Jahr wachsam im Auge behalten.

In den USA sorgte hingegen das alternative soziale Netzwerk Parler für Aufsehen, welches Ende November bereits über 10 Millionen NutzerInnen verzeichnete. Viele Trump-UnterstützerInnen, Rechtsextreme und VerschwörungstheoretikerInnen tummelten sich hier. Regeln, ebenso Algorithmen oder Fact Checking suchte man vergeblich. Stattdessen gab es „free speech“, es wurde zu Gewalttaten aufgerufen und die Wahlergebnisse waren im Sinne der „Stop the Steal“-Gruppen auf Facebook nicht entschieden. Derzeit sind wir erst einmal erleichtert, dass Parler seit den Ausschreitungen in Washington am 6. Januar aus den App Stores verbannt wurde und offline ist.

CopyCats

Zum Glück gab es 2020 aber auch Netzwerke, die uns zum Schmunzeln brachten. Welche? Im Grunde viele der Großen, denn es galt: Stories everywhere! Was das beliebte Stories Feature anging, hieß es bei den Netzwerken nämlich anscheinend „Copy and paste“. So schrieb beispielsweise businessinsider.com: „Twitter just rolled out its version of temporary stories, joining Instagram, Facebook, LinkedIn and everyone else.“

Und wired.com titelte: „Which major platform has a news feed, disappearing posts, private messaging, and a live broadcasting feature? That would be … all of them.” Was sich bei dieser Thematik zeigte, war, dass die sozialen Netzwerke anfingen, sich untereinander in ihren Features immer weniger zu unterscheiden. 2021 hoffen wir daher auf weniger Recycling untereinander und mehr Innovation auf den Plattformen.

Ausblick

Nun aber zu der spannenden Frage: was können wir vom Jahr 2021 erwarten? Die Giganten der Social-Media-Plattformen warten sicherlich auch in diesem Jahr mit vielen Neuerungen auf. Bei Instagram ist damit zu rechnen, dass man die Bestrebungen in Sachen In App Shopping weiter verfolgt. Im letzten Jahr wurde schon deutlich, dass dem Thema durch prominentere Platzierungen und erweiterte Features mehr Relevanz zugewiesen wird. Auf lange Sicht wird Instagram den Shift vom reinen Inspirations-Netzwerk hin zu einer Plattform, die Inspiration und Einkaufen verbindet, wagen.

Damit dürfte die Plattform wahrscheinlich das erste Rennpferd im Stall der Facebook-Familie sein, denn trotz weiterhin leicht steigender Nutzerzahlen folgt die Interaktionsrate und die Zahl der Impressionen bei Facebook einem anderen Trend.

Freudig gespannt sein dürften wir dagegen auf die weiteren Entwicklungen im VR-Bereich. Im letzten Jahr launchte Facebook eine Beta-Version seines VR-Netzwerks Horizon und auch weitere Projekte folgen. Außerdem konnte nicht nur Twitch, sondern auch Facebook Gaming Rekordzahlen seiner NutzerInnen verzeichnen. Auch 2021 wird die Gaming-Branche daher für Werbetreibende immer interessanter. Einen Ausbau an Anzeigen gibt es 2021 auch bei Spotify: Aufgrund der unbestreitbaren Popularität von Podcasts 2020, sind nun Podcast Ads offiziell auch in Deutschland verfügbar. Damit wird Werbetreibenden die Möglichkeite gegeben, Werbung in Spotify Original Podcasts und Exclusive Shows zu schalten.

@tagesschau

Autsch, @fimbimtok! Zeigt uns, dass der Gong auch schmerzfrei geht… #gongchallenge #joballtag #tagesschau

♬ Originalton – tagesschau

Mit der Veröffentlichung der Self-Service-Marketing-Plattform im Juli 2020 in Deutschland ging auch TikTok einen weiteren Schritt in der Monetarisierung der App. Ob sich TikTok als Werbeplattform für deutsche Unternehmen durchsetzt, ist nach wie vor schwierig zu beantworten. Besonders konservative Branchen haben ihre Schwierigkeiten, das Netzwerk zu verstehen und nativen Content zu produzieren. Auch die Image-Frage steht nach wie vor im Raum, denn TikTok stand im letzten Jahr vielseitig in der Kritik. Trotzdem fällt eine allgemeine Bereitschaft auf, das Netzwerk zu testen und dabei sind bisher schon die einen oder anderen Creatives entstanden, die uns zumindest sehr amüsiert haben.

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