Google Analytics: Wie beeinflusst Safari die Standortdaten?
Browserentwickler*innen haben in den letzten Jahren viel dafür getan, den Datenschutz ihrer Nutzer*innen mit Features zu erhöhen. „Do not track“ oder ITP sind nur zwei Beispiele für Themen, die in den einschlägigen Fachmedien besprochen und beschrieben werden. Die Veränderungen in erfassten Standortdaten in Google Analytics, welche im Zusammenhang mit dem Release von Safari 15.5 im Mai 2022 stehen, sind bisher jedoch weniger häufig beschrieben worden und haben bei uns das ein oder andere Fragezeichen im Hinblick auf die Datenanalyse hinterlassen.
Woher kommen all die Nutzer*innen aus den USA?
Angefangen hat alles mit einer Veränderung der Herkunft der Nutzer*innen. Zu beobachten ist, dass mit Ende Mai 2022 die Anteile der Nutzer*innen aus den USA langsam ansteigen und sich im Verlauf des Junis auf einem deutlich höheren Niveau stabilisieren. Über verschiedene Kundenkonten konnten wir Zuwachsraten von teilweise über 900 Prozent bei Nutzer*innen beobachten. Ein massiver Anstieg, der natürlich bei Kund*innen, die in Deutschland bzw. Europa angesiedelt sind, Fragen aufwirft: Woher kommt das Interesse von US-amerikanischen Nutzer*innen an meiner Website?
Wir haben uns das genauer angeschaut
Wenn man die Daten analysiert, wird schnell klar: Hier stimmt etwas nicht. Der Traffic bleibt insgesamt konstant, es kommen also keine zusätzlichen Nutzer*innen hinzu. Es sieht eher nach einem Shift der Standorte aus, von denen Nutzer*innen die Webseiten besuchen.
Im nächsten Schritt haben wir die Kanäle unter die Lupe genommen: Eventuell könnte ein Kanal „verrückt“ spielen und der Grund für diesen Anstieg sein. Aber auch hier sieht es im ersten Moment wie erwartet aus. Die Nutzer*innen aus den USA verteilen sich recht gleichmäßig auf die einzelnen Kanäle. Ein einzelner Kanal lässt sich hier nicht als Verursacher bestimmen.
Aber wie sieht der zeitliche Verlauf aus, wenn man einen eher technischen Ansatz wählt? Bingo! Über den Bericht „Browser und Betriebssystem“ mit der sekundären Dimension „Land“ und dem Filter „United States“ wird schnell klar, dass Safari hier die Ursache für die Datenveränderungen ist. Wenn man jetzt noch die zeitlichen Verläufe der unterschiedlichen Safari-Versionen betrachtet, wird deutlich: Safari 15.5 (bzw. Safari ab Version 15.5) ist der Verursacher.
Zum Vergleich:
Was ist die Ursache?
Damit ist die Frage nach der eigentlichen Ursache aber noch offen. Die Release Notes der Safari-Version 15.5 geben da erstmal wenig Aufschluss. Recherchiert man etwas nach dem Problem, stößt man auf den Artikel von Analytics Ninja, die das Problem bereits Ende Juni im Detail erläutert haben und zusätzlich mit Updates ihres Blogartikels Hintergründe liefern.
Ein Antwort-Tweet von Simo Ahava grenzt das Ganze noch weiter ein und gibt mehr Details zum Grund der Beobachtungen. Hier fällt zum ersten Mal der Begriff „Private Relay“, ein Feature aus dem iCloud+-Abonnement, welches kostenpflichtig ist und sich noch in der Beta-Phase befindet:
iCloud Private Relay
Wie bereits beschrieben, gehört das Private-Relay-Feature dem iCloud+-Abonnement an. Wenn man seinen Cloud-Speicher für Apple-Geräte erweitern möchte, kann man das bereits ab 0,99 Euro tun und ist somit iCloud+-Abonnement.
Apple beschreibt im Support-Artikel, wie das Private-Relay-Feature genau funktioniert, welche Optionen es bietet und wie man es aktiviert. Kurz gesagt: IP-Adresse und Standortdaten der Nutzer*innen werden verschleiert, wenn diese mit dem Safari-Browser unterwegs sind. Dabei werden zwei Relays zwischen Nutzer*innen und Website, die sie aufrufen, geschaltet, um IP-Adresse und angefragte Website für den Netz- und Webseitenbetreiber*innen zu anonymisieren – im Grunde eine Art VPN-Dienst direkt von Apple. Der Support-Artikel beschreibt die Aktivierung des Dienstes, wobei die Vermutung durch die sehr hohen Zahlen in Google Analytics nahe liegt, dass der Dienst automatisch mit dem Update aktiviert ist.
Und jetzt?
Man kann es als ein weiteres Feature in der langen Geschichte der Datenschutzverbesserungen seitens der Browseranbieter bezeichnen. Und als eine weitere Einschränkung beim Tracking. Trotz dessen, dass das Feature nur für Apple-Geräte und Safari verfügbar ist, ist der Impact doch sichtbar und die Qualität der Daten in Google Analytics wird damit definitiv schlechter.
Das Problem umgehen oder Lösungen finden, um doch an die realen Nutzerstandorte zu kommen, kann man nicht. Außerdem ist das Feature von Apple insofern unglücklich, da Unternehmen aus dem europäischen Raum nun vermehrt Nutzer*innen aus Regionen erhalten, die in vielen Fällen nicht in ihre Kernmärkte passen. Hier wäre es von Seiten Apples schön gewesen, wenigstens eine Trennung nach Wirtschaftsräumen (US, EU, ASIA) vorzunehmen.